Die Wilde Möhre ist die ursprüngliche Art der heute bekannten Karotte. Erst durch die Züchtung der in Europa heimischen Wilden Möhre mit der violettfarbenen Afghanischen Wildmöhre und der Riesenmöhre ging die heutige Kulturmohrrübe hervor. Auch heute ist der Doldenblütler ein weit verbreitetes Wildkraut, das natürlich auch in der Küche vielseitig verwendet werden kann.
Botanischer Name | Daucus carota ssp. carota |
Pflanzenfamilie | Doldenblütler |
Weitere Namen | Gemeine Möhre, Wilde Karotte, Gelbe Rübe |
Aussaatzeit / Pflanzzeit | September bis November |
Blütezeit | Mai bis August |
Erntezeit | September |
Standort | sonnige Standorte mit sandigen und durchlässigen Böden |
Verwendung als Heilkraut | Durchfall, leichte Nierenbeschwerden |
Verwendung als Gewürzkraut | Wurzel als Gemüse, Blätter als Gewürz für Suppen |
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Von Vogelnestern, Wurzeln und Zwergen
Die Frage, welche Bedeutung hinter dem Namen Möhre steht, beantwortet der Sprachwissenschaftler Hermann Grassmann (1809 bis 1877). Ihm zufolge stammt das Wort Möhre aus dem Althochdeutschen, wobei die Vokabel moraha mit Wurzel übersetzt wird[1].
Ein weiterer Name, der sich im Zusammenhang der Wilden Möhre in historischen Kräuterbüchern findet, ist Vogelnest. Ein Begriff, der Sinn macht, wenn man sich die Blütendolden der Wilden Möhre ansieht, die sich nach dem Verblühen nestartig zusammenziehen[2].
Da Wilde Möhren in der Vergangenheit einen großen Stellenwert als Nahrungsmittel hatten und nicht nur auf die Teller der Menschen kamen, sondern auch bei Tieren beliebt waren, wurden um die Fraßschäden von Möhren Sagen gesponnen. So sollen Wilde Möhren die „Lieblingsspeise der Zwerge“ sein, an denen sie knabbern, zum Dank aber oftmals ein Goldstück hinterlassen. Dass hinter den Zwergen tatsächlich Wühlmäuse oder andere Tiere stehen, bleibt unerwähnt. Aus dieser Überlieferung wurde eine alte, längst vergessene Tradition geboren: wer an Neujahr eine Möhre isst, hat das ganze Jahr über genügend Geld[2].
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Pflanzenmerkmale und Systematik der Wilden Möhre
Herkunft und Vorkommen der Wilden Möhre
Die Wilde Möhre (Daucus carota subsp. carota) ist in Europa, im Norden Afrikas und in der Türkei recht häufig anzutreffen. Dadurch, dass die wilde Möhre relativ anspruchslos ist, findet man sie auf vielen Standorten, darunter offene Wiesen, Brachflächen, Ruderalstandorte sowie in nährstoffreichen Staudenfluren. Wo die Pflanze auftritt, tritt sie meist in großer Gesellschaft auf. Die wilde Möhre stammt vermutlich aus Vorderasien.
Systematik der Daucus carota
In der Botanik wird die Wilde Möhre in die Familie der Doldenblütler (Apiaceae). Sie ist direkt verwandt mit bekannten Heil- und Gewürzkräutern wie Anis, dem Dill oder dem Kümmel. Die Gattung Möhren (Daucus) besteht etwa aus 20 derzeit bekannten Arten, wovon die Art Daucus carota wohl zu den bedeutendsten gehört.
Die Gattung selbst unterteilt sich noch einmal in mehrere Unterarten. Neben der Wilden Möhre (Daucus carota subsp. carota) zählen hier noch die bekannte Gartenmöhre (Daucus carota subsp. sativus), die eine Kreuzung aus der Wilden Möhre und der in Südeuropa vorkommenden Riesenmöhre (Daucus carota subsp. maximus) ist. Möglicherweise spielt bei der Züchtung der Gartenmöhre (Karotte) auch die Schwarzmöhre (Daucus carota subsp. afghanicus) eine Rolle.
Namensgebend für Möhren ist die sog. Möhrenblüte oder Mohrenblüte – ein auffälliger dunkler violettblauer bis schwarzer Punkt im Zentrum der weißen Blütendolde der Wilden Möhre.
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Wilden Möhre erkennen und bestimmen – Merkmale
Die Wilde Möhre ist eine zweijährige und stark krautige Pflanze, die Wuchshöhen von bis zu 1,40 Meter erreichen kann. Die Wuchshöhe ist jedoch meist kleiner und erreicht meistens Höhen zwischen 50 und 100 cm. Die Höhe selbst hängt stark vom Nährstoffangebot, der Konkurrenz und vom Standort ab. Die Pflanze bildet die so genannten Wurzelrüben aus, die zum Teil aus der Hauptwurzel bestehen. Im Gegensatz zur Gartenmöhre sind die Wurzeln der wilden Möhre eher bleich und deutlich kleiner.
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Blätter
Die Blätter der Wilden Möhre sind charakteristisch gefiedert, relativ zierlich und zwei- bis dreifach gegliedert. Im ersten Jahr werden so genannte Grundblätter ausgebildet, die meist ein- bis dreifach gefiedert sind und in der Regel größer sind als der Stiel sind. Der Stiel bzw. die Sprossachse weist eine starke Behaarung auf.
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Blüten
Die Blütezeit der Wilden Möhre kann recht langdauernd sein und kann, je nach Wetter- und Standortbedingungen, zwischen Mitte Mai bis Ende August andauern. Die Wilde Möhre bildet einen doppeldoldigen Blütenstand mit meist weißen Blüten aus. Besonders charakteristisch ist, dass die Blütendolde in der Mitte einen aus Anthocyanen bestehenden Punkt (Anthocyanpunkt) in der Mitte ausbilden, der auch als Möhrenblüte bezeichnet wird.
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Früchte und Samen
Zur Zeit der Fruchtreife bildet die Pflanze hakelige Samen aus. Die Fruchtform selbst wird als Doppelachäne bezeichnet.
Die Wilde Möhre ist zweijährig und hat daher einen anderen Blütenbildungs- und Samenreifezyklus Im ersten Jahr nach der Aussaat bilden sich zunächst die Blätter und die lange Pfahlwurzel. Erst im zweiten Jahr zeigen sich die weißen und markanten Blütendolden. Aus diesen reifen dann nach der Blütezeit die Samenstände heran.
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Wilde Möhre von anderen Doldenblütlern unterscheiden
Begibt man sich auf die Suche nach wildwachsenden Wilden Möhren verwechseln Anfänger gelegentlich die Pflanze mit anderen Doldenblütlern. Hierzu gehören vor allem Giersch, Bärenklau sowie die giftigen Pflanzen Hundspetersilie und Gefleckter Schierling. Diese ähneln sich auf gewissen Weise, was typisch für Doldenblütler ist.
Allerdings gibt es zwei Kriterien, die die Pflanzenbestimmung erleichtern. Zum einen der Duft: Wilde Möhren verströmen beim Zerreiben der Blätter einen intensiven, authentischen Duft nach Möhren. Auch die Blüten duften möhrenartig. Die Giftpflanzen Gefleckter Schierling und Hundspetersilie hingegen riechen streng ammoniakartig nach Urin. Giersch hat keinen wesentlichen Geruch und die Hundspetersilie riecht erher leicht lauchig.
Zum anderen gibt ein Merkmal der Blüte Aufschluss über die Echtheit der Wilden Möhren: der Anthocyanpunkt bzw. die Möhrenblüte. Zentral in der weißen Blüte befindet sich bei den weiblichen Pflanzen eine kleine, aber dennoch gut sichtbare Blüte von fast schwarzer Farbe. Keine der anderen, oben genannten Pflanzen weist dieses Pflanzenmerkmal auf.
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Anbau, Aussaat und Pflege
Wilde Möhren gehören oftmals zum Bild von Wildwiesen. Sie sind auch auf Ruderalflächen, Weiden, Schotterflächen und Magerwiesen zu finden. Der Wildform des Doldenblütlers wird in der Regel sehr selten angebaut, da die Kulturmöhre meist bevorzugt wird.
Standort
Wilde Möhre stellt sehr geringe Ansprüche an den Standort. Die Pflanze bevorzugt sonnige und meist offene Lagen. Der Boden sollte möglichst nährstoffreichen, etwas kalkhaltig und sandreichen sein. Ob der Boden trocken oder feucht ist, spielt meist keine Rolle, da die Wurzeln auch tiefere Schichten erreichen kann.
Aussaat
Die Wilde Möhre ist ein Kaltkeimer; die optimale Zeit, um mit der Aussaat zu beginnen, ist das zeitige Frühjahr (März, April) sowie der einsetzende Herbst ab September. Damit das Keimen der Samen auch gelingt, sind Temperaturen um die 5 °C notwendig. Für die Aufzucht auf der Fensterbank/im Haus werden die Samen für etwa eine Woche im Kühlschrank gelagert und anschließend auf die Erde gestreut und vorsichtig angedrückt.
In der Regel ist eine Fensterbankaufzucht jedoch nicht nötig, da die Pflanzen gut mit den äußeren Bedingungen zu recht kommen.
Während der Keimzeit sollte die Erde gleichmäßig feucht, aber nicht nass gehalten werden. Gleiches gilt für die Zeit des Wachstums.
Dünger
Auf eine zusätzliche Nährstoffversorgung in Form von Dünger ist die Wilde Möhre meist nicht angewiesen. Stehen nur nährstoffarme Böden zur Verfügung können kleinere Gaben eines organischen Düngers oder Kompost zugegeben werden.
Krankheiten und Schädlinge
Die Wilde Möhre ist zwar eine außerordentlich robuste Wildpflanze. Sie wird dennoch über das Jahr von zahlreichen Schädlingen wie Blattläusen oder der Möhrenfliege befallen werden. In freier Natur helfen meist natürliche Nützlinge wie Marienkäfer, um den Befall der Pflanzen einzudämmen. Von Mehltau bleibt die Pflanze meist verschont.
Ernte
Aufgrund ihrer Wachstumsphasen kann die Ernte in zwei Jahren erfolgen. Während der ersten Vegetationsperiode können die Blätter abgezupft werden. Diese sollten möglichst vor der Fruchtreife geerntet werden. Die Pfahlwurzel, die als Rübe bezeichnet wird, kann ab dem zweiten Jahr ab August geernet werden.
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Verwendung von Wilder Möhre
Wilde Möhren findet man nicht als Lebensmittel in Supermärkten. Anders als in der Vergangenheit, als die Wilde Möhre häufiger gegessen wurde und eine vitamreiche und günstige Kost im meist kargen Alltag darstellt.
Verwendung in der Küche
Die Wilde Möhre steht heute nur selten auf den Speiseplan, was wohl vorrangig ihrer Beschaffung geschuldet ist. Die uns bekannten Karotten haben heute einen weitaus höheren Stellenwert als die Wilde Möhre, weswegen letztere wirtschaftlich nahezu unbedeutend sind. Rote Kulturmöhren sind wesentlich leichter zu beschaffen als Wilde Möhren.
Nahezu alle Pflanzenteile der Wilden Möhre sind essbar und enthalten hohe Anteile an Vitaminen und anderen Mineralstoffen. Bevorzugt werden folgende Pflanzenteile genutzt:
- Wurzeln: Die Wurzeln werden vorrangig als Gemüse zubereitet
- Blätter: Die Blätter eignen sich zum dezenten Würzen von Suppen oder als Zutat in Wildkräutersalaten
- Samen: Die Samen können ebenfalls als Gewürz für Suppen verwendet werden.
Trotzdem schwören vor allem Rohköstler und Menschen, die sich mit Wildkräutern intensiver befassen, auf Wilde Möhren. Neben der unterirdisch wachsenden Möhre werden auch die Samen und Blätter gegessen. Der Geschmack der Wilden Möhre ist durchaus mit dem roter Möhren zu vergleichen, wenn auch etwas milder. Wenn man die Wilde Möhre essen möchte, sollte die Ernte zu dem Zeitpunkt erfolgen, an dem noch keine Blüte ausgebildet wird. Im ersten Jahr ist die Möhre noch angenehm bissfest, im zweiten Jahr setzt mit der Blütenbildung die Verholzung der Möhre ein. Zusätzlich wird sie schärfer und pikanter im Geschmack. Farblich erinnert die Frucht der Wilden Möhre an Petersilienwurzeln.
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Wilde Möhre als Heilkraut
Hinweis zu medizinischen Inhalten
Die hier dargestellten Inhalte stellen keine Empfehlungen dar. Sie sind aus historischen und wissenschaftlichen Quellen nach wissenschaftlichen Standards recherchiert und werden von uns zusammengefasst. Sollten Sie krank sein, suchen Sie bitte einen Arzt auf.
Im Altertum galt die Wilde Möhre als ein beliebtes Aphrodisiakum, wurde aber auch bei Menstruationsproblemen und als Wurmkur bei Menschen eingesetzt. Weitere beliebte und häufige Anwendungsgebiete waren die Behandlung von Geschwüren, Brandwunden und Frostbeulen.
Im Kräuterbuch von P. A. Mattioli wird die wilde Möhre (dort als „gelbe Mören“ bezeichnet) vor allem zur Behandlung von Magenbeschwerden, Blähungen und Gallensteinen empfohlen.
Heute ist die harnduchspülende Wirkdung sowie ein positiver Effekt auf dei Regulation des Blutzuckers gut nachgewiesen. Außerdem kann die Urform der Möhre durch das enthaltene Pektin bei Durchfallerkrankungen helfen. Hierzu kann die Möhre entweder roh oder gegart gegessen werden. Zur Herstellung eines entwässernden Tee zur Durchspülung der Harnwege werden die Samen der Wilden Möhre verwendet.
Weitere bekannte Anwendungsmöglichkeiten der wilden Möhre liegen in der Behandlung von Konzentrationsstörungen und leichter Depressionen. Die in der Naturheilkunde verwendeten Heilkräuter werden als Herba dauci carotae bezeichnet. Zur Anwendung
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Wilde Möhre in der Natur – Ökologie
Die Wilde Möhre ist in der Natur recht häufig vertreten. Sie besiedelt vor allem karge und trockenere Standorte. Diese wichtige Pflanze ist bedeutend für viele ökologische Zusammenhänge. Sie gilt einerseits als Pionierpflanze und bereitet den Boden für spezialisiertere Pflanzen auf.
Außerdem ist Daucus carota eine beliebte Pflanze für viele Insekten und Vögel. Während der reichhaltige Blütennektar gern von bestäubenden Käfern, Fliegen und zum Teil auch einigen Wildbienen angenommen wird, stellen die Samen eine willkommende Nahrung für Vögel und einige Kleinsäuger dar.
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Quellen und weiterführende Literatur:
- Grassmann, H. (1870): Möhre (Daucus). IN: Deutsche Pflanzennamen
- Reling, H. und Bohnhorst, J. (1882): Die Möhre. IN: Unsere Pflanzen nach ihre deutschen Volksnamen, ihrer Stellung in Mythologie und Volksglauben, in Sitte und Sage, in Geschichte und Literatur. Beiträge zur Belebung des botanischen Unterrichts und zur Pflege sinniger Freude in und an der Natur, für Schule und Haus
- Gmelin, J. F. (1773): Daucus carota. IN: Onomatologia Botanica Completa, oder vollständiges botanisches Wörterbuch, worinn nicht nur alle Kunstwörter übersetzt und erklärt, die bekannte Pflanzen nach der Lehrart des Ritters von Linne beschrieben, ihre verschiedenen Namen nach den berühmtesten Schriftstellern angeführt, und eine kleine Lebensgeschichte der vornehmsten Kräuterkundigen beygefügt, sondern auch die Heilskräfte und der Nutzen, den die Arzney-Wissenschaft, Landwirthschaft, Färberey, Vieharzney und Scheidekunst aus denselben ziehen, aus den besten Schriften dieser Art und aus eigener Erfahrung erläutert werden
- Miller, P. (1780): Daucus carota. IN: Vollständige Anleitung zur Wartung aller in Europa bekannten Küchengewächse
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https://www.kraeuter-buch.de/kraeuter/Wilde-Moehre.html
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