Starkregen durch einen „Bomb Cyclone“ hat die Stromversorgung in Teilen des US-Bundesstaats Washington unterbrochen. Für die Besitzer von Elektroautos war dies eine Katastrophe. Dieselgeneratoren und überfüllte öffentliche Ladestationen waren die einzige Rettung.
Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet ein „Bomb Cyclone“ – klingt wie eine Energy-Drink-Marke, ist aber ein meteorologisches Phänomen – die Achillesferse der modernen E-Mobilität so schonungslos offenlegen würde? An der amerikanischen Pazifikküste hat sich dieser Tage ein Szenario entfaltet, das für jeden Stromer-Besitzer zum Horror avancierte. Der Sturm, der die Region mit der Wucht einer einschlagenden Bombe traf, legte die Stromversorgung von mehr als 600.000 Haushalten im Bundesstaat Washington lahm. Besonders betroffen: King County und Snohomish County, die Hochburgen der technikaffinen Elite Seattles, wo Tesla und Co. längst zum Straßenbild gehören wie früher der VW-Käfer.
Was folgte, war so vorhersehbar wie bezeichnend: Die E-Auto-Besitzer, ihrer heimischen Ladestationen beraubt, stürmten in Scharen die öffentlichen Ladesäulen. Brian Grunkemeyer, CEO von FlexCharging, beschreibt die Situation mit amerikanischer Nüchternheit: „Wir sehen plötzlich Ladestationen völlig ausgelastet, die sonst praktisch ungenutzt sind.“ Seine Firma betreut unter anderem die Ladesoftware für den Anbieter Electrify America, dessen Stationen sich quasi über Nacht in improvisierte Wartezonen verwandelten.
Was wie eine Episode aus einer dystopischen Netflix-Serie klingt, entpuppt sich als ernüchternde Realität der vermeintlich so fortschrittlichen E-Mobilität: Ohne Strom steht alles still. Während der Besitzer eines klassischen Verbrenners selbst bei totalem Blackout noch zur nächsten funktionierenden Tankstelle fahren kann, verwandelt sich das hochgelobte E-Auto bei längeren Stromausfällen in einen teuren Parkplatzblock.
Die Ironie der Geschichte gipfelt in der Expertenlösung für solche Notfälle: ausgerechnet Dieselgeneratoren oder gasbetriebene Stromaggregate sollen die Rettung bringen. Eine Empfehlung, die vermutlich bei manchem Tesla-Fahrer zu kognitiver Dissonanz führen dürfte. Der „Bomb Cyclone“ hat nicht nur Bäume entwurzelt, sondern auch die Schwachstellen unserer vermeintlich so zukunftssicheren Infrastruktur offengelegt.
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