16. Januar 2025

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Europa rüstet sich für möglichen WHO-Austritt der USA

 

Brüssel – Die Möglichkeit eines US-Austritts aus der Weltgesundheitsorganisation unter der kommenden Trump-Regierung scheint sehr real zu sein. Sollte das passieren, könnte es ein erhebliches Loch in die Finanzierung reißen – eines, das die EU nur schwer schließen könnte.

Im Jahr 2020, während seiner ersten Amtszeit, teilte Donald Trump den Vereinten Nationen  die Absicht der USA mit, aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auszutreten. Und das, obwohl die COVID-19-Pandemie noch in vollem Gange war und es auch noch keine Impfstoffe gab.

Rund eine Woche vor seiner Wiedereinführung ins Präsidialamt bereitet sich Europa wieder darauf vor, dass Trump seine Drohung nicht nur wiederholen, sondern ihr Taten folgen lassen könnte.

Die erste Trump-Regierung hatte der WHO Versagen bei der Pandemie-Bekämpfung vorgeworfen. Sie habe sich geweigert, Reformen zu verabschieden, darunter beispielsweise „den Nachweis ihrer Unabhängigkeit von der Kommunistischen Partei Chinas“.

Die Aussichten, dass Trump die Weltgesundheitsorganisation dieses Mal in einem anderen Licht sehen könnte, scheinen eher schlecht zu stehen. Nicht zuletzt, weil Trump Impfgegner  für Spitzenposten im Gesundheitswesen nominiert hat.

Während die Trump-Regierung im Jahr 2020 einigen Einschränkungen durch einen von den Demokraten geführten Kongress ausgesetzt war, stellen die Republikaner nun sowohl den Senat als auch das Repräsentantenhaus.

Die EU-Kommission gab an, sich gründlich auf Trump vorbereitet zu haben. Ein „engagiertes Team“ sei auf alle Eventualitäten in Bezug auf Handel und mögliche Zölle eingestellt

Die Priorität lag darauf, „so viele Wege der Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen auf beiden Seiten des Atlantiks mit der neuen Regierung zu finden“. Allerdings wurde das Thema Gesundheit bisher aus den Gesprächen ausgeklammert.

Eine starke WHO sei in unser aller Interesse, so Eva Hrnčířová, Sprecherin der EU-Kommission für Gesundheitsfragen. „Wir unterstützen selbstverständlich eine effektive und verantwortungsvolle WHO“.

Sollte die USA tatsächlich aus der WHO austreten, dürfte es für die EU schwierig werden, die Organisation stabil zu halten – insbesondere in finanzieller Hinsicht.

Das derzeitige genehmigte WHO-Budget für das 2024-2025-Programm beläuft sich auf 6,83 Milliarden US-Dollar.

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EU-Kommission und EU-Mitgliedsstaaten zahlen mehr an die WHO als die USA

Die Vereinigten Staaten sind mit einem Anteil von über 14 Prozent am WHO-Haushalt zur Zeit der größte Beitragszahler. Auf Platz 2 und 3 stehen die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung (13,67 Prozent) und die GAVI Alliance (10,49 Prozent), gefolgt von der EU-Kommission (7,82 Prozent), der Weltbank (4,02 Prozent) und Deutschland (3,29 Prozent).

Gemeinsam leisten die EU-Kommission und die EU-Mitgliedstaaten einen höheren Beitrag als die Vereinigten Staaten. Laut der EU-Exekutive hatten die Anteile in den Jahren 2020 und 2021 „mehr als 20 Prozent“ des WHO-Haushalts ausgemacht.

 

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Sollte die USA aussteigen, werde die Kommission „ihr Bestes tun, um die Finanzierung der WHO im Rahmen der Beschränkungen ihres Haushalts sicherzustellen“, so die Kommissionssprecherin. Die Beschränkungen sehen jedoch gravierend aus, das EU eigene EU4Health-Programm wurde bereits um 1 Millarde Euro gekürzt.

 

Auch aus Europa kam WHO-Kritik 

Nicht nur der slowakische Premierminister Robert Fico äußerte sich kritisch, auch die Freiheitliche Partei Österreich (FPÖ/PfE) sagte, dass die Organisation abweichende Meinungen zensiere und die nationale Souveränität bei Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit bedrohe.

Einer der philanthropischen WHO-Spender erklärte gegenüber Euractiv, dass seit langem eine Zusammenarbeit mit beiden politischen Parteien in den Vereinigten Staaten bestehe und man sich auch weiterhin für Investitionen in die globale Gesundheit und Sicherheit einsetzen werde.

Nur 17,5 Prozent der Mittel der Weltgesundheitsorganisation stammen aus vorhersehbaren Pflichtbeiträgen, während der Rest auf freiwilligen Beiträgen verschiedener Art beruhen.

Im Mai 2023 einigten sich die WHO-Mitgliedstaaten darauf, die Pflichtbeiträge bis 2030–2031 auf 50 Prozent des Budgets zu erhöhen. Trotzdem dominieren freiwillige Beiträge nach wie vor.

 

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Wie setzt sich das Budget zusammen? 

Das Budget ist derzeit in drei „strategische Säulen“ unterteilt, um die sogenannten „Dreifachmilliarden“-Ziele zu erreichen: eine Milliarde mehr Menschen sollen von besserer Gesundheit und mehr Wohlbefinden profitieren, eine Milliarde soll universellen Gesundheitsversorgung zu Gunsten kommen und eine Milliarde soll besser vor gesundheitlichen Notfällen geschützt sein.

Eine unterstützende Säule soll die Bereitstellung von Länderkapazitäten und Finanzmitteln für Sonderprogramme im Zusammenhang mit Notfallmaßnahmen sowie der Ausrottung der Kinderlähmung zu verbessern.

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Es geht nicht nur ums Geld

Der Verlust für die Weltgesundheitsorganisation und die Vereinigte Staaten wäre jedoch nicht nur finanzieller Natur.

Die USA steuern viel Fachwissen bei und profitieren im Gegenzug zum Beispiel von der globalen Krankheitsüberwachung und -bewältigung der WHO. Außerdem gibt es Kooperationen: Die US-amerikanischen Zentren für die Kontrolle und Prävention von Krankheiten und die nationalen Gesundheitsinstitute arbeiten beispielsweise bei vielen Themen eng mit den WHO-Zentren zusammen.

Die Liste der Projekte, von denen die Vereinigten Staaten profitieren, ist lang. Es umfasst unter anderem das globale Influenza-Überwachungs- und Reaktionssystem der WHO, das die Nachverfolgung und Impfstoffentwicklung als Reaktion auf die saisonale Grippe ermöglicht.

Dies ist einer von vielen Bereichen, in denen sich die globalen Überwachungsbemühungen auszahlen.

[Bearbeitet von Daniel Eck/Matthew Karnitschnig/Victoria Becker]

 

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