Nirgends in Europa kostet der Einbau einer Wärmepumpe so viel und dauert so lange wie in Deutschland. Bereichern sich die Installateure an der Förderung?
Seit 23 Jahren beschäftigt Marek Miara sich mit der Wärmepumpe. Er weiß, wie sie sich in Geschosswohnungen nutzen lässt oder wie viel Geld Haushalte durch sie pro Jahr sparen können. Eine Frage aber treibt den Forscher am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE nach wie vor um: Warum kostet sie inklusive Einbau in Deutschland nahezu doppelt so viel wie im europäischen Ausland?
Erlebt hat er es kürzlich wieder: Sein Vater ließ sich in Polen eine Wärmepumpe in einem nur wenig sanierten Bestandsgebäude einbauen, Wohnfläche 250 Quadratmeter. Die Gaskessel und ein alter Speicher mussten raus, ein neuer rein. Die Kosten: 14.000 Euro, quasi ohne Förderung. In Deutschland hätte er dafür mindestens 30.000 Euro bezahlt. „Der Preis für die Wärmepumpe selbst wich gar nicht stark von dem ab, was man in Deutschland bezahlt. Und die Installation war rein technisch hervorragend durchgeführt.“ Was also macht den Preisunterschied aus?
Miara ist klar, dass die Lohnkosten in Polen deutlich niedriger sind als in Deutschland. Oder dass hierzulande etwa gesetzlich vorgeschrieben ist, das Warmwasser zu hohen Vorlauftemperaturen aufzuheizen. Das führe häufig zu überdimensionierten Anlagen. „Das alles erklärt aber noch nicht die großen Unterschiede, und die sind da“, sagt Miara.
Je teurer die Anlage, desto mehr Förderung
Eine Erklärung liefert nun die Deutsche Umwelthilfe (DUH) in einem noch unveröffentlichten Forderungspapier, das ZEIT ONLINE exklusiv vorliegt. „Die derzeit hohen Einbaukosten von Wärmepumpen legen nahe, dass das Handwerk ihre veranschlagten Kosten an der prozentualen Förderung orientiert“, schreibt die Umweltorganisation. Je teurer die Anlage also ist, desto mehr Förderung gibt es.
Die DUH fordert deshalb, dass die derzeitige Förderrichtlinie angepasst wird. Anstatt wie bislang bis zu 70 Prozent der Kosten von maximal 30.000 Euro zu übernehmen, sollte der Staat nur noch einen Festbetrag von 7.000 Euro zahlen. Dazu könnte ein Sozialbonus von 2.000 Euro für einkommensschwache Haushalte kommen, plus 1.000 Euro für effiziente Anlagen mit natürlichen Kältemitteln.
Der Wunsch der DUH nach einer deutlich niedrigeren Fördersumme ist bemerkenswert. Seit Jahren gehört sie zu den lautesten Fürsprechern der Wärmepumpe, begleitete in ihren Kampagnen Haushalte beim Einbau und richtete Bürgersprechstunden für Interessierte ein. Aber aus ihrer Sicht trägt das aktuelle Fördersystem dazu bei, dass der Ausbau der klimafreundlichen Technologie so schleppend verläuft. Nur noch um die 200.000 Wärmepumpen wurden im Jahr 2024 eingebaut. Um die Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen, strebte die Bundesregierung 500.000 im Jahr an.
Nicht nur teuer, sondern auch verlangsamend
Die Umwelthilfe hält das Fördersystem nicht nur für sehr teuer, sondern es verlangsamt demnach sogar den Markthochlauf. In anderen Ländern brauche ein eingespieltes Team für die Installation zwei Arbeitstage, in Deutschland veranschlagt der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) bei einem traditionellen Handwerksbetrieb 18 Personentage.
Um besser zu verstehen, was die deutschen Betriebe so schwerfällig macht, hat Marek Miara drei Tage als Praktikant auf den Baustellen und in den Büros verschiedener Betriebe verbracht. Schon in dieser kurzen Zeit habe er jede Menge Verbesserungspotenzial wahrgenommen. Weil die Firma das Material nicht schon am Vortag vorkonfektioniert habe, hätten die Installateure das am Montagetag vor Ort erledigen müssen. Die Abdeckung einer Wärmepumpe sei so konstruiert gewesen, dass sie mit einer Person kaum zu montieren war. „Manche Installateure sagen mir schon, wir kaufen nur noch von dieser oder jener Firma, weil die sich schneller auspacken lässt“, sagt Miara.
Grundsätzlich hätte immer alles genau nach Plan ablaufen müssen, im Ausland sei man pragmatischer. Wenn eine kostspielig ausgebildete Fachkraft sämtliche Aufgaben ausführe, verteure das den Prozess ebenfalls. „Dabei gibt es keine Regularien, die sagen, dass man nur mit einem bestimmten Kenntnisstand Fundamente gießen darf“, sagt Miara. Die breite Schulung für Installateure dauere in Deutschland zudem sehr lang, auch das schlage sich in den Preisen nieder.
„Das grenzt an Unterstellung“
Die Deutsche Umwelthilfe sieht aufgrund der hohen prozentualen Förderung für die Betriebe schlicht keine Anreize, effizienter zu werden. Heizungsinstallateure würden sogar dazu verleitet, sich Zeit zu lassen. Das weist der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) weit von sich. „Anzunehmen, dass Handwerker bewusst möglichst ineffizient arbeiten, ist unter marktwirtschaftlichen Bedingungen völlig abwegig“, schreibt ein Sprecher auf Nachfrage.
Auch von einer anderen deutschen Besonderheit will er nichts wissen: dass die Betriebe in der Regel nur die Modelle bestimmter Hersteller – oft deutsche und hochpreisige – einbauen, von denen sie wiederum Boni und Rabatte bekommen. „Das grenzt an Unterstellung“, teilt der Verbandssprecher mit. Mit solch weltfremden Annahmen und daraus abgeleiteten Fördervorschlägen setze man sich nicht auseinander.
Von einer besonderen Macht der deutschen Installateure spricht hingegen auch Marek Miara vom Fraunhofer-Institut: „Die Gewohnheit, die Heizungstechnologie nur beim Installateur des Vertrauens zu kaufen, ist schon einzigartig.“ Wer die Wärmepumpe günstig im Onlineshop eines Herstellers kaufen will, findet niemanden, der sie einbaut.
Die Großen: effizienter, aber nicht für alle geeignet
Günstiger als über kleine Heizungsfirmen ginge es theoretisch mithilfe großer, spezialisierter Unternehmen wie Thermondo, Aira oder Octopus Energy. Sie haben ihre Prozesse optimiert, lassen viele Tätigkeiten von punktuell geschulten Montagehelfern durchführen und verfügen über eine größere Verhandlungsmacht den Herstellern gegenüber. Das Problem: Baulich und hydraulisch anspruchsvollere Situationen lassen sich standardisiert schlecht abdecken, und die betreffen Miara zufolge 20 bis 40 Prozent des Marktes. Was die großen Unternehmen außerdem durch Optimierung einsparen, käme für den Endkunden in Form von Overhead-Kosten wie Marketing oft wieder drauf.
Das zeigt auch eine Recherche des ARD-Formats Plusminus. Die Journalisten holten für ein Reihenhaus-Szenario verschiedene Angebote auf dem Markt ein. Alle, auch diejenigen der großen Unternehmen, lagen bei mehr als 30.000 Euro – der höchsten förderfähigen Investitionssumme. Ein vergleichbares Projekt in Frankreich kostete im Beitrag nur 18.000 Euro, es gab einen festen Förderbetrag von 2.500 Euro. „Ob groß oder klein, alle orientieren sich an dem Betrag, der gefördert wird. Wenn der geändert wird, ändern sich wahrscheinlich auch die Angebotspreise“, sagt Miara.
In dem Beitrag erklärte der ZVSHK die Preisunterschiede mit Lohnkosten, bürokratischen Auflagen, technischen Anforderungen und Normen. Tatsächlich verteuern einige deutsche Vorgaben den Einbau zusätzlich. So muss in Deutschland etwa für den elektronischen Anschluss der komplette Schrank getauscht werden, was der DUH zufolge zu Mehrkosten von bis zu 5.000 Euro führt und ebenfalls abgeschafft gehört. Miara betont indes, dass einige Regularien auch spätere Probleme im Betrieb reduzieren.
Das noch größere Problem: fehlende Stabilität
Bei aller Kritik am aktuellen Fördersystem sieht Marek Miara eine noch größere Gefahr: dass Deutschland ein neues Hin und Her bei der Wärmeplanung bevorsteht. In ihrem Wahlprogramm für die anstehende Bundestagswahl halten die Grünen am aktuellen prozentualen Fördersystem fest. Die Union hingegen will das ganze Heizungsgesetz der Ampelregierung abschaffen und stattdessen „technologieoffen emissionsarme Wärmelösungen“ fördern und nutzen. Auch das Heizen mit Holz gehört für sie ausdrücklich dazu, was der DUH zufolge allerdings weder emissionsfrei ist, noch den Anforderungen an den Klimaschutz genügt.
„Für Hersteller und für Verbraucher ist Stabilität entscheidend“, sagt Miara. Wo sie vorhanden sei, ob in Skandinavien oder in der Schweiz, hätten sich auch die Märkte positiv entwickelt. Das müsse nicht unbedingt ein großzügiges Fördersystem sein, auch mit einem vorteilhaften Verhältnis der Preise von Strom gegenüber Gas könne man gut arbeiten. Davon ist Deutschland allerdings weit entfernt.
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