22. Januar 2025

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Dramatisch zunehmende Armut durch hohe Mieten – Doch die Ursache bleibt verborgen

 

Im Dezember 2024 gingen mal wieder Schlagzeilen durch die Mainstream-Medien, die auf das Problem der Wohnungsnot und die hohen Mieten hinwiesen. So titelte Bild: „Hohe Mieten treiben Millionen in die Armut.“ Eine neue Studie zeige, dass mehr als 17,5 Millionen Menschen in Deutschland nach Abzug von Miete und Nebenkosten ein Einkommen im Armutsbereich hätten. Viele Haushalte müssten mehr als ein Drittel ihres Einkommens allein für Wohnkosten ausgeben, ein Teil sogar mehr als die Hälfte.1 Doch auf die wahre, zentrale Ursache wird wie immer nicht hingewiesen. Sie ist das große politische Tabu.

 

Wohnungsnot (fotocommunity.de)

Insgesamt seien es 21,2 % der Bevölkerung, die unter Wohnarmut leiden. Doch einzelne Gruppen seien besonders hart betroffen:

  • Bei jungen Erwachsene (18-25 Jahre) betrage die Armutsquote 31 %;
  • bei Alleinerziehenden 36 %;
  • bei Alleinlebenden 37,6 %, solchen im Rentenalter sogar 41,7 %,
  • bei Erwerbslosen 61,3 %.

Die Presse bezieht sich auf eine Studie des Paritätischen Gesamtverbandes in Deutschland, in der die bisherige Armutsberechnung, nur das Einkommen zu betrachten, durch Einbeziehung der Wohnkosten-Belastung korrigiert werde. Danach erhöhe sich der bisherige Armutsdurchschnitt von 12,1 Millionen = 14,4 % der Bevölkerung um 5,4 Millionen oder 6,8 % auf 17,5 Millionen bzw. 21,2 %. Als arm gilt, wer weniger als 60 % des mittleren Einkommens zur Verfügung hat. Arm ist also nach der neuen Berechnung über ein Fünftel der Bevölkerung.

 

Die Studie

Zu Beginn seiner Studie schreibt der Paritätische Gesamtverband:„Armut dürfte es in einem reichen Land wie Deutschland nicht geben. Und doch ist sie da, millionenfach und mit massiven Nachteilen für die Betroffenen – für ihre Lebenswege, ihre Gesundheit und ihre Teilhabe. Armut kann unterschiedliche Gründe haben und unterschiedlich aussehen. Die Einkommensarmut bemisst sich daran, ob ein Mensch ausreichend Geld zur Verfügung hat, um am Lebensstandard der Gesellschaft teilhaben zu können. Wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat, gilt üblicherweise als arm.“

Doch nicht das gesamte Einkommen eines Haushalts sei im Monat tatsächlich frei verfügbar. Die Miete schlucke zunehmend größere Teile des Einkommens. Vor allem die Wohnkosten also schränkten den finanziellen Spielraum ein. Sie seien der Hauptbestandteil der monatlichen Fixkosten.

„Ein sinkender Bestand an Sozialwohnungen, ein weitgehend unregulierter Mietmarkt und steigende Neubaukosten führen zu immer mehr Konkurrenz zwischen den Mietenden um bezahlbaren Wohnraum. Die Folge sind steigende Wohnkosten, insbesondere bei neu abgeschlossenen Mietverträgen. In dieser Situation ist die Kündigung einer Wohnung für viele Menschen ein finanzielles Desaster. Der Wechsel in eine passendere Wohnung ist kaum bezahlbar und eine neue Bleibe nach einem Arbeitsplatzwechsel selten ohne finanzielle Überlastung zu finden. Über den Lebensstandard entscheidet nicht mehr nur die Höhe des Einkommens, immer wichtiger werden die Fragen, wie viel Geld eine Person fürs Wohnen ausgeben muss und wie viel Geld darüber hinaus noch übrigbleibt.“

So wird auch als Gegenmaßnahmen gefordert: gute Löhne, höhere Renten, Ausweitung des Wohngeldes, stärkere Regulierung des Mietmarktes, mehr Sozialwohnungen, Förderung der Wohngemeinnützigkeit usw.2

 

Das grundsätzliche Problem

Doch es wird nicht die Frage gestellt, wie es kommt, dass – unabhängig von der Höhe und Bezahlbarkeit der Mieten – ein Teil der Bevölkerung Miete zahlen muss, um überhaupt eine Wohnmöglichkeit zu haben, und ein anderer Teil Eigentümer von Häusern und Wohnungen sind, die sie gegen Geld vermieten können. Das Eigentum an Häusern und Wohnungen setzt das Eigentum an Grund und Boden voraus, mit dem sie rechtlich eine Einheit bilden.

Nach dem Statistischen Bundesamt sind gegenwärtig (2023) nur 42 % der Bevölkerung in Deutschland Eigentümer an Grund und Boden. Das bedeutet, dass 58 %, die ja auch irgendwo auf einem Stück Boden leben müssen, bei den 42 % um eine Wohnmöglichkeit bitten, um nicht zu sagen betteln müssen.

So wie jeder Mensch Luft zum Atmen braucht, so braucht er auch ein Stück Erde, auf dem er wohnen und sich nachts zum Schlafen hinlegen kann. Der Boden ist notwendige Lebens- und Arbeitsgrundlage aller Menschen. Wenn sich aber der gesamte Grund und Boden nur im Eigentum eines Teiles der Bevölkerung befindet, ist der andere Teil von diesem existenziell abhängig. Da das private Eigentumsrecht ein dauerhaftes alleiniges Verfügungsrecht über das Grundstück bedeutet, kann der Eigentümer die Bedingungen setzen, unter denen er anderen Zugang zu seinem Grundstück gewähren, sprich, es ganz oder teilweise zu einer bestimmten Nutzung verpachten oder darauf errichteten Wohnraum vermieten will.

Es kommt also von vorneherein kein Rechtsverhältnis unter Gleichen zustande, wie es rechtsstaatlich erforderlich ist, sondern der Eigentümer sitzt am längeren Hebel, er kann die existenzielle Not des Nichteigentümers, irgendwo sein Haupt hinlegen zu müssen, ausnutzen und weitgehend seine finanziellen Bedingungen diktieren. Er kann eine Miete fordern, durch die ihm nach Abzug der eigenen Aufwendungen ein dauerhaftes leistungsloses Einkommen zuwächst, das andere für ihn ständig erarbeiten müssen. Das Bodenmonopol versetzt wenige in die Lage, Zahlungen einzig aufgrund ihres Eigentumsrechtes zu erhalten und nicht dafür, dass sie eine Leistung erbringen. Sie können andere Menschen gleichsam wie Sklaven für sich arbeiten lassen.

Diese existenzielle Abhängigkeit ist doch das grundsätzlich Erniedrigende und Entwürdigende für die betroffenen Menschen. Man muss sich das in aller Deutlichkeit vor Augen halten: Die Bodeneigentümer haben das private Recht, andere vom Zugang zu einem für sie existenziell notwenigen Grundstück auszuschließen, durch Bedingungen zu erschweren oder auch unmöglich zu machen.

Das Eigentum an Grund und Boden, das sich nur ein Teil leisten kann, ist die eigentliche Ursache für die hohen Mieten, die Wohnungsnot und die daraus resultierende Armut.
Siehe dazu detailliert und mit Lösungsmöglichkeiten:

https://fassadenkratzer.de/2023/07/04/bodeneigentum-das-beschwiegene-soziale-grundubel/

Das Eigentum an Grund und Boden ist kein Naturgesetz, sondern von Menschen gemacht und kann auch, ja es muss von Menschen um der sozialen Gerechtigkeit willen geändert werden. Warum wird das in der Öffentlichkeit tabuisiert?

Die politischen Parteien und Akteure sind natürlich Eigentümer an Grund und Boden und haben für sich und ihr Wirtschafts-Klientel kein Interesse daran, dass das geändert wird. Denn Grundeigentümer zu sein, bedeutet ungeheure finanzielle Vorteile und Gewinnmöglichkeiten. Dass das auf Kosten der meisten Menschen geht, wird verdrängt. Denn der Egoismus ist eine starke treibende Kraft des gesellschaftlichen Lebens. Aber er wirkt, wie wir sehen, sozial zerstörerisch, und das unerbittlich. Da darf man sich nichts vormachen. Wer die sozialen Verhältnisse verbessern will, muss den Egoismus überwinden, und dazu natürlich zuerst bei sich selber anfangen.

Wer meint, das sei nicht möglich, die Menschen seien halt von Natur aus so, verzichtet auf eine menschlich gerechte Sozialordnung und fällt in den darwinistischen Kampf ums Dasein zurück, der ganz vom Egoismus durchdrungen ist.

 

Rudolf Steiner bringt das Problem radikal auf den Punkt, indem er am 3. März 1906 3  formulierte:

„Not, Elend und Leid sind nichts anderes als eine Folge desEgoismus.
Das ist wie ein Naturgesetz aufzufassen.“

Es hängt davon ab, ob sich genügend Menschen davon überzeugen können und daraus folgende soziale Veränderungen bewirken. Es liegt nicht an der Natur, sondern an uns selbst, an unserem geistigen Selbst, das natürliche Triebe überwinden kann. Darin verwirklichen wir uns erst als Menschen.

 

Dramatisch zunehmende Armut durch hohe Mieten – Doch die Ursache bleibt verborgen