22. Februar 2025

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Spanien stoppt den Atomausstieg und verlängert die Laufzeiten der Kernkraftwerke

 

Das spanische Parlament hat die Rücknahme des geplanten Atomausstiegs beschlossen. Laut ursprünglichem Plan sollten die Kernkraftwerke schrittweise zwischen 2027 und 2035 vom Netz gehen. Nun steht fest: Die Laufzeiten werden verlängert, um die Energieversorgung zu sichern und wirtschaftliche Risiken zu vermeiden. Almaraz in Cáceres, das erste Kraftwerk auf der Schließungsliste, liefert 7 % des spanischen Stroms und sichert rund 3.000 Arbeitsplätze. Die Debatte im Parlament verlief hitzig und offenbarte deutliche Differenzen in der Energiepolitik des Landes (telemadrid: 12.02.25).

Heftige Debatte: Ideologie oder Energiepolitik?

Guillermo Mariscal von der PP warf der Regierung vor, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Kernkraft wirtschaftlich nicht mehr tragfähig sei. Dies zwinge Betreiber dazu, ihre Anlagen zu schließen. Den geplanten Ausstieg bezeichnete er als „energiepolitischen Selbstmord“, der auf rein ideologischen Gründen beruhe und nicht auf wirtschaftlichen oder ökologischen Fakten.

 

Doch kein Atomausstieg - das spanische Parlament hat die Laufzeiten der Kernkraftwerke verlängert, um die Energieversorgung zu sichern
Doch kein Atomausstieg – das spanische Parlament hat die Laufzeiten der Kernkraftwerke verlängert, um die Energieversorgung zu sichern

 

Auch Ricardo Chamorro von Vox unterstützte die Verlängerung der Laufzeiten. Die Entscheidung sei „eine Frage des gesunden Menschenverstands“. Gegner des Vorschlags nannte er „Öko-Fanatiker“, die mutwillig die spanische Industrie zerstören wollten.

Auf der anderen Seite äußerte sich Néstor Rego vom Grupo Mixto kritisch. Die Initiative basiere auf falschen Annahmen über die Umweltfreundlichkeit der Kernkraft. Sein Kollege Javier Sánchez Serna ergänzte, dass die Initiative zahlreiche fehlerhafte Daten enthalte, die offensichtlich von der „Atomlobby“ beeinflusst worden seien.

 

Argumente zu Sicherheit und Abhängigkeit

Idoia Sagastizábal vom baskischen Parlament warnte vor den Risiken der Kernkraft, insbesondere im Hinblick auf die sichere Lagerung radioaktiver Abfälle. Dennoch räumte sie ein, dass Kernenergie eine stabile Energiequelle darstelle, um die Energienachfrage zu decken.

Pilar Calvo Gómez von Junts per Catalunya hob die Bedeutung der Kernkraft für die Energieversorgung Kataloniens hervor. „Jeder zweite Haushalt in Katalonien nutzt Atomstrom“, betonte sie und warnte vor Versorgungsengpässen, wenn die Reaktoren zu früh abgeschaltet würden. Ein kompletter Verzicht auf Kernenergie würde neue Abhängigkeiten schaffen und die Versorgungssicherheit gefährden.

Isabel Pérez Ortiz vom PSOE widersprach und betonte, dass Kernkraft weder günstig noch sauber sei. Die Entsorgung radioaktiver Abfälle stelle eine enorme Herausforderung dar. Gleichzeitig warf sie der PP vor, erneuerbare Energien zu vernachlässigen und sich erneut auf die Seite wirtschaftlicher Privatinteressen zu stellen.

 

Europäischer Kontext: Ein Trend zur Kernenergie-Rückkehr?

Spanien ist nicht das einzige europäische Land, das seine Energiepolitik überdenkt. Mehrere Staaten haben den Ausstieg aus der Kernkraft in den vergangenen Jahren verschoben und die Laufzeit der Reaktoren verlängert, oder den Ausstieg ganz rückgängig gemacht. In Frankreich spielen Kernkraftwerke weiterhin eine Schlüsselrolle bei der Stromversorgung. Präsident Emmanuel Macron kündigte sogar den Bau neuer Reaktoren an, um die Energieunabhängigkeit zu stärken. Auch Großbritannien investiert wieder in neue Kernkraftwerke, um seine Klimaziele zu erreichen und gleichzeitig eine stabile Energieversorgung sicherzustellen.

In Osteuropa verfolgen Länder wie Polen, Ungarn und die Tschechische Republik ambitionierte Pläne, neue Reaktoren zu bauen oder die Laufzeiten bestehender Anlagen deutlich zu verlängern. Selbst Deutschland, das eigentlich den vollständigen Atomausstieg bis 2022 umsetzen wollte, verlängerte 2022 vorübergehend den Betrieb der letzten Kernkraftwerke, um Engpässe während der Energiekrise zu vermeiden.

Die Entscheidung Spaniens fügt sich somit in einen europäischen Trend ein, der angesichts der geopolitischen Lage und der Unsicherheit auf den Energiemärkten Kernenergie als eine wichtige Option für die Zukunft neu bewertet.

 

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