Zwang die Weltlage Merz zu seinem großen Schulden-Wortbruch? Eine Rekonstruktion im Stern lässt daran noch mehr Zweifel aufkommen – offenbar war die „plötzliche“ Kehrtwende schon lange geplant worden.
„Ich will Ihnen mal sagen, warum ich bei dieser Schuldenbremse so klar bin“, sagt Merz im November bei ARD-Talkshowhost Sandra Maischberger. Was folgt, ist die übliche Predigt, die man von ihm und seiner Union so oft hört: Die Schuldenbremse schützt das Geld der jungen Generation, und überhaupt, wir haben eine Billion Staatseinnahmen – „damit sollen wir nicht auskommen?“, fragt Merz. Es ist Dezember, die Ampel an Haushalts-Fragen zerbrochen und Trumps Wahl ist einen Monat her.
Er sollte seine großen Worte bald darauf kassieren. Und zu diesem Zeitpunkt wusste er offenbar schon, dass er, wie Olaf Scholz sagen würde, gerade Tünkram erzählt. Glaubt man einem neuen Bericht des Magazins Stern, war die Kehrtwende des Friedrich Merz bei der Schuldenfrage nämlich schon lange angedacht.
„So klar“ bei der Schuldenbremse?
Zur gleichen Zeit, als Friedrich Merz großspurig seine „Klarheit“ bei der Schuldenbremse betont, liegen in seiner metaphorischen Schreibtischschublade längst Pläne für eine radikale Verschuldungspolitik. Auch der umstrittene Kniff, mit dem abgewählten Bundestag so eine noch durchzubringen, wird intern erörtert. Schon seit Spätherbst, schreibt das Magazin, kursieren die Pläne für den großen Wortbruch im engsten Kreis – Partei und Fraktion wissen von nichts.
Merz sei sich zunehmend dem Investitionsstau bewusst geworden, habe erfahren, wofür alles mehr Geld nötig wäre. Das Szenario Trump spielt dabei bereits eine Rolle. Öffentlich bleibt Merz aber bei seinem harten Schuldenbremse-Kurs – fast immer zumindest.
Im November gibt es eine Ausnahme. Da sagte Merz öffentlich, als es um die Schuldenbremse geht: „Selbstverständlich kann man das reformieren“. Am nächsten Tag muss Generalsekretär Linnemann, maßgeblicher Architekt des Wirtschafts-Kurses und das Gesicht der Spar-Rhetorik in der Union, die Aussage seines Chefs einfangen – natürlich stehe die Union zur Schuldenbremse. Die meisten Beobachter halten das damals für einen Lapsus, einen Merz-Versprecher. Tatsächlich ist dieser Auftritt ein Omen für den baldigen Wortbruch.
Kalkulierter Wortbruch: Recherche enthüllt, dass Merz seinen Schulden-Coup über Monate plante