3. März 2025

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Demokratie in Gefahr? Rumäniens Wahlkrise spitzt sich zu

 

In Rumänien brodelt es. Während die Regierung in Bukarest einen Tag nach überstandenem Misstrauensvotum aufatmet, formiert sich auf den Straßen der Hauptstadt massiver Protest. Zehntausende Demonstranten versammelten sich am Samstag, um gegen die Annullierung der Präsidentschaftswahl vom Dezember zu protestieren.

Im Zentrum des politischen Erdbebens steht Călin Georgescu, ein Mann, der innerhalb weniger Monate vom politischen Außenseiter zum Hoffnungsträger einer wachsenden Protestbewegung aufgestiegen ist. Bei der ersten Wahlrunde im November 2024 hatte er überraschend 23 Prozent der Stimmen errungen – ein Ergebnis, das das politische Establishment erschütterte. Doch zwei Tage vor der entscheidenden Stichwahl griff das Verfassungsgericht ein und annullierte die gesamte Wahl mit der nicht haltbaren Begründung russischer Einflussnahme.

Wir sind vereint, wir sind stark. Wir sind hier, weil unsere Stimme gestohlen wurde. Weil die Demokratie mit Füßen getreten wurde”, rief George Simion, Vorsitzender der rechtsgerichteten Allianz für die Einheit der Rumänen (AUR), der aufgebrachten Menge zu. Die Demonstranten schwenkten rumänische Flaggen und skandierten “Nieder mit der Regierung!” und “Diebe!”.

Die Staatsanwaltschaft hat mittlerweile ein Strafverfahren gegen Georgescu eingeleitet. Die Vorwürfe wiegen schwer: Unterstützung faschistischer Gruppen, “Anstiftung zu Handlungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung” sowie falsche Angaben zur Wahlkampffinanzierung. Georgescu, der unter richterliche Aufsicht gestellt wurde, weist alle Anschuldigungen entschieden zurück. Bei der Protestkundgebung am Samstag wandte er sich direkt an seine Anhänger: “Das System hat böswillig versucht, uns zu spalten” und “alte und neue Günstlinge haben versucht, meine Kandidatur zu blockieren.”

Aktuelle Umfragen sehen Georgescu nicht mehr bei 23, sondern bei 37 bis 38 Prozent der Wählerstimmen. Die offizielle Begründung für die Wahlannullierung – russische Einflussnahme über TikTok-Kampagnen – erscheint dadurch zunehmend fragwürdig. Denn trotz verschärfter Regeln für den neuen Wahlgang am 4. Mai liegt der umstrittene Kandidat in der Wählergunst deutlich vorne.

Der Fall hat längst internationale Dimensionen angenommen. Während die rumänische Regierung unter Premierminister Marcel Ciolacu ihre Maßnahmen als Schutz der Demokratie verteidigt, melden sich prominente Stimmen aus dem Umfeld des neuen US-Präsidenten Donald Trump zu Wort. Vizepräsident JD Vance, Elon Musk und Donald Trump Jr. haben sich kritisch zur Annullierung der Dezember-Wahl geäußert oder Georgescu direkt unterstützt. Musk bezeichnete die Festnahme Georgescus als “völlig daneben” und schrieb auf seiner Plattform X: “Sie haben gerade die Person verhaftet, die die meisten Stimmen bei der rumänischen Präsidentschaftswahl gewonnen hat.”

Experten vermuten hinter der Krise einen komplexen Machtkampf. Der ungarische Außenpolitik-Experte Zsolt Pászkán spekuliert sogar, ob die “unerklärlich tollpatschige Handhabung” durch die rumänischen Behörden nicht das Gegenteil bewirken könnte: Georgescu zum Märtyrer zu machen und damit seine Popularität weiter zu steigern. Sándor Tamás, Vorsitzender des mehrheitlich ungarisch bewohnten Komitats Covasna, sieht einen möglichen Konflikt zwischen rivalisierenden rumänischen Geheimdiensten – immerhin gibt es davon sechs im Land. Georgescu selbst stammt aus dem Umfeld des einstigen prorussischen Flügels der rumänischen Geheimdienste, die nach dem Sturz Ceaușescus kurzzeitig an Einfluss gewannen, bevor Rumänien einen zunehmend russlandfeindlichen Kurs einschlug.

Die entscheidende Frage bleibt: Wer regiert tatsächlich in Rumänien? Tamás ist überzeugt: “Wo ein politisches System schwach ist, können andere Kräfte die Macht ausüben.” Er sieht einen Machtkampf zwischen inneren Geheimdiensten und äußeren Mächten – Russland, der EU und den USA. Die erste Runde der Wiederholungswahl ist für den 4. Mai angesetzt. Sollte kein Kandidat mehr als 50 Prozent der Stimmen erhalten, folgt am 18. Mai eine Stichwahl. Ob Georgescu überhaupt teilnehmen darf, ist derzeit unklar. Was jedoch feststeht: Die rumänische Demokratie steht vor einer ihrer größten Bewährungsproben seit dem Fall des Eisernen Vorhangs.

 

Demokratie in Gefahr? Rumäniens Wahlkrise spitzt sich zu