9. Januar 2025

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Europa auf dem Weg ins „Jahrhundert der Erniedrigung“: Eine kritische Analyse

 

Arnaud Bertrand

Falls Sie noch nicht überzeugt waren, dass Europa auf dem Weg in sein Jahrhundert der Erniedrigung ist, könnte dies der endgültige Beweis sein:

In einem kürzlich veröffentlichten Video erklärt Donald Trump, dass die USA Grönland aus „nationalen Sicherheitsgründen“ und „für die freie Welt“ benötigen würden. Außerdem behauptet er, „niemand wisse wirklich, ob Dänemark überhaupt ein rechtliches Anrecht darauf habe“ – eine Aussage, die 100 % falsch ist.

 

Doppelmoral und Europas strategische Schwäche

Würde Trump eine solche Bemerkung zu chinesischem oder russischem Territorium wagen? Niemals. Aber er sieht, dass Europa nicht nur schwach ist, sondern sich in einer strategisch katastrophalen Lage befindet: Es wird „verteidigt“ von ihm – einer Situation, die Europa effektiv in eine Art mafiöses Schutzgeldsystem gefangen hält. Dies bestätigt die alte geopolitische Weisheit (zugeschrieben Thukydides): „Die Starken tun, was sie können, und die Schwachen erleiden, was sie müssen.“

Die Ironie liegt auf der Hand. Erstens: Trumps Behauptung, das „freie Welt“ durch territoriale Annexion zu schützen. Zweitens: Europas hysterische Fixierung auf den „russischen Imperialismus“ – ein Phantom, das angesichts Russlands demonstrierter Fähigkeiten mehr Mythos als Realität ist – hat Europa blindlings in die Fänge eines echten Imperiums geführt, das nun offen darüber diskutiert, es aufzuteilen.

Drittens, und wohl die größte Ironie: Niemand auf der Welt wird sich darum kümmern. Europas Doppelmoral und Heuchelei in seinen Beziehungen zum Rest der Welt, insbesondere zu Gaza, haben jede Glaubwürdigkeit zerstört. Seit den Anfängen der Gaza-Krise habe ich darauf hingewiesen, dass die größere Bedeutung von Europas Reaktion darin liegt, dass sie das Ende jeder Vorstellung einer globalen Ordnung auf Basis des internationalen Rechts markiert.

 

Das Ende von Prinzipien und ihre Folgen

Europa hat durch die offene Abkehr von Prinzipien im Grunde signalisiert, dass es mit dem Prinzip „Macht macht Recht“ einverstanden ist. Eine monumentale Dummheit, wenn man selbst nicht mächtig ist.

Europas Führer (wenn man sie so nennen kann) haben in ihrem Eifer, „gute Verbündete“ zu sein und die Verletzung des internationalen Rechts in Gaza zu unterstützen, effektiv die Erlaubnis für die zukünftige Zerschlagung ihres eigenen Kontinents unterzeichnet. Sie haben vergessen, dass Prinzipien nicht nur moralische Luxusgüter sind, sondern praktische Schutzschilde. Werden sie für andere gebrochen, schützen sie einen selbst nicht mehr.

Diese Vergesslichkeit ist besonders schwerwiegend angesichts der eigenen Geschichte Europas. Ein Beispiel ist die Reaktion – oder das Fehlen einer Reaktion – auf Mussolinis Invasion in Äthiopien 1935, die Hunderttausende von Todesopfern forderte. Trotz Äthiopiens Mitgliedschaft im Völkerbund, dem Vorgänger der UNO, entschieden sich die Großmächte dafür, eine europäische Macht zu schützen, anstatt internationales Recht durchzusetzen. Die Folgen: Der Tod des Völkerbundes als glaubwürdige Institution und das Signal, dass die Jagdsaison auf schwächere Nationen offiziell eröffnet war. Wenige Monate später begann Hitler mit der Remilitarisierung des Rheinlandes.

 

Selbstverschuldete Erniedrigung

Das Jahrhundert der Erniedrigung, in das Europa gerade eintritt, trägt eine einzigartig selbst verschuldete Qualität. Es entspringt Europas eigener moralischer Korruption und strategischer Kurzsichtigkeit. Im Gegensatz zu China, das zumindest behaupten kann, von europäischem Imperialismus überrascht worden zu sein, beteiligt sich Europa aktiv an der Demontage der rechtlichen Schutzmechanismen, die es vor stärkeren Mächten schützen könnten. Das Ergebnis: Europa wird nicht einmal die moralische Autorität haben, zu protestieren.

 

Europa auf dem Weg ins „Jahrhundert der Erniedrigung“: Eine kritische Analyse