2. April 2025

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Fehlschlag bei deutschem Raketenstart – Verantwortliche freuen sich über “Erfolg”

 

Der Start sei “erfolgreich” gewesen, titeln die gleichgeschalteten Einheitsmedien. Das stimmt schon irgendwie. Die meisten Menschen stehen frühmorgens erfolgreich auf oder gehen erfolgreich vor die Tür. Was dann passiert, kann abwechslungsreich sein. Sie können zum Beispiel beim ersten Schritt ausrutschen, sich das Bein brechen – und dann vom Müllwagen überfahren werden. Zweimal. Ungefähr so ist der fehlgeschlagene Flug der Rakete “Spectrum” einzustufen. Die Reaktionen sind “gemischt”.

Kommentar von Florian Machl

Die Systempresse ist sich zwar sicher, dass der “Flug” der Rakete “Spectrum” von Isar Aerospace ein Erfolg war, über die Dauer herrscht Uneinigkeit. Man möchte meinen, je näher am Staat das Medium, desto länger habe er gedauert. So erklärt der MDR den Absturz erst nach 45 Sekunden, das Handelsblatt und viele andere – vor allem internationale Medien – schreiben von 30 Sekunden. “Zwar stürzte die Rakete nach wenigen Sekunden ab – die Aktion dürfte dennoch ein Erfolg sein”, deklarierte beispielsweise der Bayerische Rundfunk. Tatsächlich geriet das Fluggerät nach 20 Sekunden außer Kontrolle. Glücklicherweise kann man den gesamten “Start” und “Flug” auf Videos nach-sehen:

https://twitter.com/developer_1c/status/1906991942635794671

Es gibt keine offiziellen Angaben zur erreichten Flughöhe – KI-Berechnungen gehen davon aus, dass beim möglichen Schub und dem Gewicht der Rakete etwa 1,5 Kilometer Flughöhe erreicht werden konnten, bevor die Rakete zurück zur Erde stürzte. Die Berechnung basiert auf den Flugleistungen vergleichbarer Raketen anderer Anbieter. Die gedachte Grenze zum Weltraum wird mit 100 Kilometern angenommen.

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In Europa erfindet man das Rad neu – und ist stolz darauf

Das Argument, dass beispielsweise Elon Musks Raketen bei den ersten Versuchen auch explodiert wären, mag richtig sein – allerdings stellt sich die Frage, weshalb man in Europa unter Einsatz enormer Mengen an Steuergeld das Rad neu erfinden muss, anstelle auf Errungenschaften westlicher Technik zurückzugreifen. Eigentlich wurde erfolgreiche Raketentechnik in Deutschland entwickelt und später von Deutschen in den USA perfektioniert (Von Braun und andere). Mittlerweile kann Deutschland nicht einmal mehr das. Wer sich für Naturschutz interessiert, sollte durchaus die Frage zulassen, ob der ganze Zirkus mit zigfachen Fehlversuchen und Explosionen wirklich nötig ist, wo bereits einige Unternehmen weltweit funktionierende Raketentechnik entwickelt haben, die man ebenso nutzen könnte.

Der Startversuch erfolgte von der Insel Andøya in Norwegen. Die eigentlich zweistufige Rakete stieg einige Sekunden nach oben, kippte zur Seite und stürzte ins Meer, wo sie explodierte. Der Bayerische Rundfunk ist überzeugt davon, dass damit alles seine Richtigkeit hatte. Man habe das Ereignis “in etwa so erwartet”. Die Interpretation wirkt abenteuerlich, denn bei einer zweistufigen Rakete sollte man erwarten dürfen, dass sich die Antriebsstufe ablöst und dann der zweite Teil weiter in Richtung Weltraum rast. Vielleicht ist man in den deutschen Medien aber auch ungewohnt ehrlich und das “Ereignis wie erwartet” ist einfach Galgenhumor in einer deindustrialisierten Nation, wo überhaupt nichts mehr klappt.

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Keine Sicherheitssysteme zur Sprengung in der Luft?

Zurück zum Argument, dass man auch bei SpaceX aus Versuch und Fehlschlag lernt. Das ist korrekt, allerdings zählt zum Lernen dazu, dass man vom Weg abgekommene Raketen noch in der Luft sprengt. Vor allem deutsche Einheitsmedien dramatisieren dies meistens als “Rakete explodiert” – die Wahrheit ist aber nahezu immer, dass bei Ereignissen, welche ein erfolgreiches Fortführen der Mission unwahrscheinlich machen, Sicherheitssysteme zum Einsatz kommen, um Menschen am Boden möglichst wenig zu gefährden.

Solche Systeme gab es hier offenbar nicht oder sie kamen nicht zum Einsatz. Denn die gesamte Rakete stürzte inklusive großer Teile seiner Tankfüllung im Gesamten wieder zurück zur Erde und sorgte für einen riesigen Feuerball. Besonders ökologisch wertvoll war dies wahrscheinlich nicht – und über die CO²-Bilanz kann man mit Klimawahnsinnigen sicher auch vortrefflich streiten. Denkbar ist, dass man sich aufgrund der klar zu errechnenden Flugbahn gegen eine Sicherheitssprengung entschieden hat.

Wikipedia erklärt die Technik: “Die Spectrum ist eine in Entwicklung befindliche Trägerrakete des bayerischen Raumfahrtunternehmens Isar Aerospace. Sie besteht aus zwei Stufen mit Flüssigkeitstriebwerken und soll für den Start von Kleinsatelliten verwendet werden. Sie ist 28 Meter lang und hat einen Durchmesser von 2 Metern. Die Rakete soll bis zu 1000 kg Nutzlast in niedrige Erdumlaufbahnen und 700 kg in sonnensynchrone Umlaufbahnen bringen können.”

Eigentlich hätten bereits 2023 kommerzielle Starts stattfinden sollen, bei denen Satelliten ins Weltall gebracht werden. Der erste Testflug war Kapitalgebern und dem deutschen Staat für 2021 angekündigt worden. Nun steht man vor dem Trümmerhaufen der ersten Rakete. Die Frage ist, wie viele Versuche notwendig sein werden, bis das Unternehmen überhaupt einen erfolgreichen Flug absolviert – und ob ein solcher überhaupt realistisch ist. Für die Starts der Satelliten diverser hoffnungsfroher kommerzieller Kunden griff man jedenfalls auf SpaceX sowie das Electron Projekt zurück.

 

Eigene Erwartungen niedrig

Isar Aerospace hatte im Vorfeld klargestellt, dass der Testflug primär dazu diente, Daten und Erfahrungen zu sammeln, nicht unbedingt den Orbit zu erreichen. CEO Daniel Metzler betonte, dass bereits 30 Sekunden Flugzeit als Erfolg gewertet würden – ein Ziel, das mit etwa 20 Sekunden nicht erreicht werden konnte. In der Raumfahrt, insbesondere bei Erstflügen, ist es durchaus üblich, dass Raketen nicht sofort den Orbit erreichen. Die Falcon 1 Rakete von SpaceX erreichte erst beim vierten Versuch erfolgreich den Orbit.

Der Flug war eine doppelte Premiere: der erste Start einer orbitalen Rakete von Isar Aerospace und der erste Start einer solchen Rakete in Kontinentaleuropa (außerhalb Russlands). Zudem war es der erste europäische Raketenstart, der fast ausschließlich aus privaten Mitteln finanziert wurde.

 

Wie realistisch ist ein erfolgreicher Flug in naher Zukunft?

Von großen Erfolgen ist in naher Zukunft nicht auszugehen. Im Vergleich, SpaceX benötigte zwischen 6 und 12 Monate, um aus den ersten Fehlschlägen von Falcon 1 zu lernen, die Rakete zu verbessern und einen neuen Start zu wagen. Denkbar wäre ein weiterer Startversuch von “Spectrum” im Laufe des Jahres 2025.

Für Nutzlastraketen dieser Klasse gibt es am internationalen Markt einiges an Wettbewerb. Marktführer ist “Rocket Lab” aus den USA, die seit 2017 58 erfolgreiche Starts verbuchen können. In Deutschland bemüht sich auch “Rocket Factory Augsburg”, eine funktionierende Rakete dieser Dimension anbieten zu können. Ein erster Startversuch ist für das laufende Jahr geplant.

 

Fehlschlag bei deutschem Raketenstart – Verantwortliche freuen sich über “Erfolg”