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Außenministerin Annalena Baerbock fordert Maßnahmen gegen China, sollte Peking Russland mit Drohnen unterstützen. Das setzt Kanzler Olaf Scholz vor seinen Gesprächen mit Xi Jinping beim G20-Gipfel unter Druck.
Aus Rio de Janeiro berichtet Patrick Diekmann
Nach dem Kollaps der Ampel findet sich Deutschland vor den vorgezogenen Bundestagswahlen im Februar plötzlich im Wahlkampf wieder. Alle Parteien versuchen aktuell, sich inhaltlich von der Konkurrenz abzugrenzen. Das gilt insbesondere in Zeiten, in denen sich die Außenpolitik gleich mit mehreren globalen Krisen konfrontiert sieht.
Bundeskanzler Olaf Scholz ließ beim G20-Gipfel in der brasilianischen Metropole keinen Zweifel daran, wie er sich im Wahlkampf außenpolitisch inszenieren möchte: als Friedenskanzler.
So erklärte Scholz in Brasilien erneut, dass er die Lieferung des deutschen Marschflugkörpers Taurus an die Ukraine ablehnt. „Das ist etwas, was ich nicht verantworten kann“, sagte der Kanzler bei einer Pressekonferenz am Montag in Rio. Der SPD-Politiker will derjenige unter den Kandidaten für das Kanzleramt sein, der selbst mit Kremlchef Wladimir Putin oder mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Dialog tritt. Damit will Scholz im Mützenich-Lager der SPD punkten.
Anders sieht es bei den Grünen aus, die außenpolitisch einen weitaus härteren Kurs gegenüber China und Russland propagieren als die SPD. Deswegen nutzte Außenministerin Annalena Baerbock die Gelegenheit beim EU-Außenministertreffen am Montag, Konsequenzen für China zu fordern, weil Peking angeblich Russland mit Drohnen unterstützt.
Zudem forderte sie mit Blick auf das Telefonat des Kanzlers mit dem russischen Präsidenten zusätzliche Kraftanstrengungen Europas gegen Russland.
Baerbock warf dem Kanzler also noch vor Beginn des G20-Gipfels einen Stein in die diplomatischen Speichen. Scholz wirkte überrumpelt. In Rio blieb offen, ob Baerbocks Vorstoß abgesprochen war. Nur eines wurde klar: Die GrünenPolitikerin hatte den Kanzler vor Probleme gestellt.
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Scholz deeskaliert mit allgemeinen Warnungen
Denn der zweite Gipfeltag am Dienstag beginnt direkt mit einem Paukenschlag: Olaf Scholz trifft den chinesischen Präsidenten Xi Jinping zu einem bilateralen Gespräch. Einzelheiten aus dem Austausch werden wohl nicht bekannt, aber die Bundesregierung will viele kritische Themen auf den Tisch packen – auch über Waffenlieferungen an Russland sprechen.
„Es ist immer ein Thema meiner Gespräche, alle davor zu warnen, dass sie letale Waffen an Russland liefern. Und deshalb wird das auch in Zukunft der Fall sein, ein zentrales Thema“, sagte Scholz auf die Frage, ob er die angebliche Lieferung chinesischer Drohnen an Russland bei dem Treffen am Dienstag ansprechen werde.)
Er habe bei solchen Treffen auch immer die Lieferung von sogenannten „Dual Use“-Gütern thematisiert, die sowohl für militärische als auch für zivile Zwecke eingesetzt werden können, fügte Scholz hinzu. Auch dabei werde er bleiben. Außerdem werde es um den Einsatz nordkoreanischer Truppen im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gehen. „Das kann nicht hingenommen werden und ist im Übrigen eine schlimme Veränderung“, so der Kanzler.
Der Inhalt und die Tonalität von Scholz’ Aussagen waren dabei deutlich anders als es bei Baerbock der Fall war.
Nach Angaben der Außenministerin Annalena Baerbock geht die Bundesregierung davon aus, dass China Russland mit Drohnen unterstützt. „Das muss und wird Konsequenzen haben“, sagte sie am Rande des EU-Treffens.
Dabei beruft sich Baerbock auf EU-Geheimdienstinformationen. Sie machte deutlich, dass China mit einer ähnlichen Reaktion wie der Iran rechnen müsse. Aber war das zwischen Kanzleramt und Auswärtigem Amt abgesprochen? Diese Frage beschäftigte beim G20-Gipfel in Brasilien zahlreiche Beobachter, über eine Antwort kann indes nur gemutmaßt werden.
Und: Sollte die Bundesregierung neue Erkenntnisse über die chinesische Unterstützung für Russland haben, warum werden diese von Baerbock in Brüssel an die Öffentlichkeit gegeben?
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