LexisNexis und IDVerse: Wie der Datenmakler Überwachung und digitale Identitäten neu definiert
LexisNexis, ein führender globaler Datenmakler mit umfangreichen Bundesverträgen, darunter der Verkauf von Überwachungstechnologien an die US-Regierung, hat kürzlich das KI-gestützte Unternehmen IDVerse übernommen. Dieser Schritt wird als bedeutende Erweiterung des Marktes für digitale Identitätsüberprüfung gesehen.
IDVerse: Automatisierte Überprüfung weltweit
IDVerse, ursprünglich in Australien gegründet, ist spezialisiert auf die automatische Überprüfung von Ausweisen und Dokumenten mithilfe biometrischer Algorithmen. Das Unternehmen ist in der Lage, mehr als 16.000 Arten weltweit ausgestellter Dokumente zu überprüfen. Bereits vor der Übernahme arbeitete IDVerse mit LexisNexis an Risikolösungen zusammen. Nach Abschluss der Übernahme, der für Anfang nächsten Jahres geplant ist, soll IDVerse vollständig in die LexisNexis Risk Solutions Business Services integriert werden.
LexisNexis erklärte, dass die Aufnahme von IDVerse in den Betrieb die Fähigkeiten zur Bekämpfung von KI-generierten Betrugsversuchen, einschließlich Deepfakes, verbessern soll.
Frühere Investitionen: Der Ausbau digitaler Identitäten
Diese Übernahme ist nicht der erste Schritt von LexisNexis, um seine Kapazitäten im Bereich der digitalen Identitätsprüfung auszubauen. Das Unternehmen investierte bereits 730 Millionen US-Dollar in den Kauf von ThreatMetrix, einer weiteren Plattform zur Identitätsprüfung. Solche Schritte unterstreichen die Ambitionen von LexisNexis, sich als führender Anbieter im Bereich der digitalen Sicherheit zu etablieren.
Datenschutzbedenken: Gesichtserkennung und Standortdaten
LexisNexis steht jedoch zunehmend unter Beobachtung von Bürgerrechts- und Datenschutzgruppen. Im vergangenen Jahr veröffentlichte die Just Futures Law Group Dokumente, die Verträge zwischen LexisNexis und der US-Zoll- und Grenzschutzbehörde (CBP) offenlegten. Diese Verträge zeigen, dass LexisNexis der Behörde Tools zur Gesichtserkennung und Verfolgung von Standortdaten verkaufte.
Laut den Berichten begann die Nutzung dieser Tools Ende 2022. Die gesammelten Daten basierten auf umfangreichen persönlichen Informationen, jedoch oft ohne gerichtliche Aufsicht. LexisNexis bestritt diese Vorwürfe und erklärte, keine Gesichtserkennungstechnologien oder Nummernschilddaten bereitzustellen – ein Widerspruch zu den veröffentlichten Dokumenten.
Verbrechensvorhersage: Massenüberwachung oder Prävention?
Ein besonders kontroverses Beispiel ist ein 16,8-Millionen-Dollar-Vertrag mit der US-Immigrations- und Zollbehörde (ICE) aus dem Jahr 2021. Der Vertrag umfasste Tools zur Verbrechensvorhersage, bei denen algorithmische Systeme angeblich in der Lage sind, potenzielles kriminelles Verhalten vorherzusagen, bevor es stattfindet. Diese Systeme nutzen Daten wie Wählerregistrierungen, Telefonteilnehmer, Führerscheininformationen und andere öffentlich verfügbare Quellen.
Die Kritiker warnen jedoch, dass solche Technologien letztlich auf Massenüberwachung hinauslaufen. Sie argumentieren, dass die Überwachung oft ohne hinreichende Beweise oder gerichtliche Genehmigung erfolgt und dabei ganze Gemeinschaften unter Generalverdacht stellt.
ICE und LexisNexis: Wenig Transparenz
LexisNexis behauptet, dass die Datenverarbeitung im Rahmen des ICE-Vertrags „verantwortungsvoll“ erfolgt und keine Gesetze verletzt werden. Der Sprecher des Unternehmens verweigerte jedoch Details, wie diese Prozesse tatsächlich ablaufen. ICE zeigte sich noch weniger kooperativ und gab keine Erklärungen zu den Vorwürfen ab, dass das System verdächtiges Verhalten identifizieren könne, bevor es zu einer Straftat kommt.
Breiter Kundenstamm und Datenquellen
LexisNexis verkauft seine Tools jedoch nicht ausschließlich an ICE. Vermutet wird, dass viele Strafverfolgungsbehörden auf Bundes-, Landes- und lokaler Ebene ähnliche Systeme nutzen. Die von LexisNexis bereitgestellten Daten beinhalten alles von Wählerregistrierungen über DMV-Informationen (Department of Motor Vehicles) bis zu Bootsführerscheinen.
Mit solchen umfassenden Datensätzen können Strafverfolgungsbehörden ein detailliertes Bild von Personen und ihren Aktivitäten erstellen – eine Methode, die von Datenschutzexperten als riskant und oft fehleranfällig kritisiert wird.
Fazit: Eine neue Ära der Überwachung
Die Übernahme von IDVerse markiert einen weiteren Schritt in der Ausweitung des digitalen Überwachungsapparats von LexisNexis. Während das Unternehmen seine Technologien als notwendige Sicherheitsmaßnahme und Schutz vor Betrug darstellt, wächst die Kritik von Bürgerrechtsgruppen, die in der Nutzung solcher Tools eine Verletzung der Privatsphäre sehen. Die Verbindung zu staatlichen Stellen wie ICE, kombiniert mit wenig Transparenz, wirft ernste Fragen darüber auf, wie weit die Macht solcher Datenbroker reicht – und welche Auswirkungen dies auf die Grundrechte der Bürger hat.
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