Deutsche Autofahrer haben unwissentlich rund eine Milliarde Euro für mutmaßlich betrügerische Klimaschutzprojekte der Mineralölindustrie in China bezahlt. Das Umweltbundesamt untersucht nun 45 von 66 genehmigten Projekten wegen Betrugsverdachts.
Eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) deutet darauf hin, dass deutsche Autofahrer an Tankstellen zwangsweise etwa eine Milliarde Euro für fragwürdige Klimaschutzmaßnahmen der Mineralölindustrie aufgewendet haben. Diese Projekte, hauptsächlich in China angesiedelt, stehen unter Verdacht, nie einen tatsächlichen Beitrag zum Klimaschutz geleistet zu haben.
Konkret geht es um sogenannte Upstream Emission Reduction (UER)-Vorhaben bei der Ölgewinnung in China. Diese Projekte wurden von Mineralölunternehmen genutzt, um ihre in Deutschland vorgeschriebenen Klimaschutzziele zu erfüllen. Die Konzerne konnten durch die Finanzierung spezifischer CO2-Einsparungen im chinesischen Ölsektor entsprechende Zertifikate erwerben, die ihnen für ihre Klimabilanz in Deutschland angerechnet wurden.
Große Mineralölkonzerne wie Shell, ExxonMobil und TotalEnergies erklären, dass man die Klimaschutzprojekte von unabhängigen Prüfstellen zertifizieren lassen habe. Doch schon im Mai war ZDF-frontal zufolge, dass mindestens 17 Projekte nur vorgetäuscht waren. Das Umweltbundesamt (UBA) beauftragte daraufhin eine Anwaltskanzlei mit Nachforschungen in China. Mittlerweile stehen 45 von 66 vom UBA zuvor genehmigten chinesischen Klimaschutzprojekten unter Betrugsverdacht. Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft ermittelt gegen 17 Personen wegen des Verdachts auf gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betrugs.
Die Analyse des DIW beziffert den Marktwert aller vom Umweltbundesamt als potenziell betrügerisch betrachteten Vorhaben auf 1,2 Milliarden Euro. An den Tankstellen wurden die Kosten für mutmaßlich betrügerische Projekte direkt auf die Verbraucher umgelegt. Das Umweltbundesamt hat nun mit der Rückabwicklung einiger Klimaschutzvorhaben begonnen. Laut einer Mitteilung an ZDF frontal wurde dieser Vorgang bei drei Projekten bereits abgeschlossen. Für sechs weitere Projekte steht die Rückabwicklung noch aus.
Stefan Gerwens, Leiter des Ressorts Verkehr im ADAC erklärt hierzu: „Wenn sich der Betrugsverdacht bestätigt, dann wüssten wir gerne, wohin das Geld geflossen ist. Jeder Autofahrer hat dann für Betrug bezahlt und das möchte niemand.“ Bundesumweltminister Lemke (Grüne) erklärt jedoch, dass dieser Betrug die Spritpreise für die Bürger sogar gesenkt hätte. Konkret erklärt sie: „Diese betrügerischen Projekte waren letzten Endes an der Tankstelle eher billiger zu haben als gute Klimaschutzprojekte, die auch wirklich eine Klimawirkung gehabt hätten.“
Klimaschutzprojekte: Verbraucher zahlten an Tankstellen über eine Milliarde für Betrug