21. Februar 2025

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Offener Streit zwischen Selensky und Trump

 

Die Frage von Wahlen in der Ukraine hat zu einem offenen Streit zwischen Selensky und Trump geführt, in dem sich die deutschen Politiker auf die Seite von Selensky stellen. Wie tief ist der Graben zwischen Selensky und Trump und was sind die Gründe?

Darüber, wie der ukrainische Machthaber Selensky, dessen Amtszeit im Mai 2024 abgelaufen ist, Neuwahlen um jeden Preis verhindern will, obwohl die US-Regierung sie fordert, habe ich erst gestern berichtet. Da wusste ich noch nicht, wie sehr dieser Streit innerhalb weniger Stunden eskalieren würde.

Trump kritisiert Selensky

US-Präsident Donald Trump forderte vor Reportern erneut, dass in der Ukraine Präsidentschaftswahlen abgehalten werden müssten:

„Wir haben es mit einer Situation zu tun, in der es in der Ukraine keine Wahlen gegeben hat, in der (…) das Kriegsrecht in der Ukraine herrscht. Wo ist der Führer in der Ukraine? Ich meine, ich sage das nur ungern, aber seine Zustimmungsrate ist auf 4 Prozent gesunken. Das Land liegt in Schutt und Asche, die meisten Städte sind zerstört. Die Gebäude sind zerstört. Es ist wie eine riesige Abrisshalde. (…) Ich würde sagen, wenn sie einen Platz am Verhandlungstisch wollen, sollte das ukrainische Volk dann nicht sagen, dass wir schon lange keine Wahlen mehr hatten.“

Mit den vier Prozent Zustimmung hat Trump zwar stark übertrieben, denn auch wenn Selenskys Beliebtheitswerte beständig fallen, bringen Selensky nach aktuellen ukrainischen Umfragen etwas unter 50 Prozent der Ukrainer Vertrauen entgegen. Aber selbst in den ukrainischen Umfragen liegt Selensky hinter dem ehemaligen ukrainischen Oberkommandierenden Saluzhny und dem Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes GUR Budanow.

Allerdings muss man dazu sagen, dass ukrainische Umfragen aufgrund der im Land herrschenden strengen Repressionen mit Vorsicht zu genießen sind, weil Kritik am Kurs der Regierung gefährlich ist und viele Menschen bei Umfragen wahrscheinlich nicht ehrlich antworten. Auch sind Fälschungen der Umfragen in der heutigen Ukraine mehr als wahrscheinlich.

Selensky ist sicher unbeliebter als die Umfragen wiedergeben, aber vier Prozent Unterstützung scheint mir unwahrscheinlich, es dürfte doch noch einiges mehr sein, woran die gleichgeschalteten ukrainischen Medien einen großen Anteil haben.

Selensky reagiert dünnhäutig und Trump gibt Kontra

Wie es der Zufall wollte, veröffentlichte ein Kiewer Institut unmittelbar nach Trumps Aussage eine Umfrage, die Selensky 57 Prozent Unterstützung bescheinigte, und Selensky nahm das zum Anlass, Trump umgehend zu widersprechen und dem US-Präsidenten vorzuwerfen, er sei „ein Opfer von Desinformationen“ geworden. Wie nervös Selensky tatsächlich ist, zeigte ein kurzer Satz in seiner Erklärung:

„Wenn mich jetzt jemand austauschen will, so gibt es keine Möglichkeit, das zu tun.“

Dem amerikanischen Präsidenten öffentlich vorzuwerfen, er wäre auf Desinformation reingefallen, ist aus diplomatischer Sicht ein heftiger Affront. Und so ließen die Reaktionen aus Washington nicht lange auf sich warten. Trump veröffentlichte einen auf Truth Social einen langen Post, in dem er unter anderem schrieb:

„Er weigert sich, Wahlen abzuhalten, schneidet in ukrainischen Umfragen sehr schlecht ab und das Einzige, was er gut konnte, war, Biden „die Geige“ zu spielen. Als Diktator ohne Wahlen sollte Selensky besser schnell handeln, sonst wird ihm kein Land mehr bleiben. In der Zwischenzeit verhandeln wir mit Russland erfolgreich über ein Ende des Krieges, etwas, von dem alle zugeben, dass nur „TRUMP“ und die Trump-Administration dazu in der Lage sind. Biden hat es nie versucht, Europa hat es nicht geschafft, Frieden zu bringen, und Selensky will wahrscheinlich den „Selbstbedienungsladen“ am Laufen halten. Ich liebe die Ukraine, aber Selensky hat schreckliche Arbeit geleistet, sein Land ist zerstört und MILLIONEN sind unnötigerweise gestorben – und so geht es weiter…“

Musk springt Trump bei

Elon Musk sprang Trump auf X in vielen Posts und Reposts bei. So schrieb Musk beispielsweise, wenn Selensky in der Ukraine so beliebt sei, dann müsste er sich doch auf Wahlen freuen und er repostete einen Tweet, der erklärte, warum man Selensky durchaus einen Diktator nennen kann:

„Wollen Sie wissen, warum Trump Selensky einen Diktator nannte? Hier sind die FAKTEN:
Er ist im 6. Jahr seiner 5-jährigen Amtszeit
Er hat im Februar 2022 das Kriegsrecht ausgerufen und seitdem Wahlen verboten
Er hat 11 politische Parteien verboten
Er hat 2022 ein Gesetz zur Zensur von Journalisten verabschiedet und alle Nachrichten in einem Regierungssender zusammengefasst
Journalisten, die seine Korruption untersuchen, werden eingezogen und an die Front geschickt, um zu sterben
Sogar Saddam Hussein hat Wahlen abgehalten!“

Das Weiße Haus warnt Selensky

Beleidigungen gegen US-Präsident Trump könnten für Selensky unangenehme Folgen haben, sagte US-Vizepräsident J.D. Vance in einem Kommentar gegenüber Journalisten:

„Zu meinen, dass Selensky die Ansichten des Präsidenten ändern kann, indem er ihn über die Medien beleidigt, ist eine sehr schlechte Art, mit der derzeitigen Regierung umzugehen, wie jeder, der den Präsidenten kennt, bestätigen wird.“

Vance fügte hinzu, dass Selensky „schlechte Ratschläge“ darüber erhält, wie er mit dem neuen Präsidenten und seinem Team arbeiten soll, und stellte klar:

„Absolut, wir lieben das ukrainische Volk. Wir bewundern die Tapferkeit der Soldaten, aber wir sind der Meinung, dass dieser Krieg schnell beendet werden muss. Das ist der Kurs des US-Präsidenten. Er basiert nicht auf russischer Desinformation, sondern auf der Tatsache, dass Donald Trump meiner Meinung nach sehr viel über Geopolitik weiß und eine sehr klare Vorstellung von den Geschehnissen hat, die er schon seit langem vertritt.“

Vance sagte auch, die USA würden weiterhin Wahlen in der Ukraine fordern:

„Die Idee, dass während eines Krieges keine Wahlen abgehalten werden können, ist lächerlich. Und der Präsident hat deutlich gemacht, dass er der Meinung ist, dass dies geschehen sollte. Wissen Sie, das ist nämlich amerikanische Politik.“

Auch Trumps Nationaler Sicherheitsberater Mike Waltz schaltete sich in die Diskussion ein und warnte, Trump werde eine eskalierende Rhetorik nicht tolerieren. Dabei ging er auch auf die amerikanischen Forderungen nach den seltenen Erden in der Ukraine ein und sagte, es gäbe im Zusammenhang mit dem von Washington vorgeschlagenen Abkommen von ukrainischer Seite „überraschenden Widerstand und eine Eskalation der Rhetorik“ und fügte hinzu:

„Wir glauben, dass die amerikanischen Steuerzahler es verdienen, den größten Teil ihrer Investitionen zurückzubekommen. Und das gibt der Ukraine Möglichkeiten, sie sollten erkennen, wie es wirklich ist. Aber stattdessen bekommen wir eine Eskalation der Rhetorik und eine Gegenreaktion, die der Präsident nicht zu tolerieren gedenkt.“

Warum Trump Selensky nicht mag

Zum tieferen Verständnis muss man wissen, dass Trump allen Grund hat, Selensky auf der Liste seiner alten Gegner zu führen, was die Position von Selensky noch einmal erschwert, was er aber vollkommen ignoriert. Die komplexe Geschichte ist ein wichtiger Teil meines Buches „Das Ukraine-Kartell“, aber ich will es hier kurz erklären.

Nachdem Selensky 2019 zum ukrainischen Präsidenten gewählt war, hatte er im Sommer 2019 ein Telefonat mit US-Präsident Trump. Die US-Demokraten haben daraus konstruiert, Trump habe Selensky unter Druck gesetzt, um Dreck über Joe Biden zu finden, was nicht stimmte, aber das war der Grund für das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump. Selensky hat sich aus der Sache weitgehend rausgehalten, anstatt laut zu verkünden, dass die Vorwürfe der Demokraten frei erfunden waren.

Aber kaum war Biden an der Macht, hat Selensky versprochen, der Biden-Regierung bei Ermittlungen gegen Trump und seinen Anwalt Giuliani zu helfen, was Trump sicher nicht vergessen hat.

Wenn Selensky nicht will, dass Trump komplett den Daumen über ihm (und damit womöglich über der Ukraine, die Trump im Grunde herzlich egal ist) senkt, sollte er besser versuchen, sich mit Trump gut zu stellen. Aber er tut das Gegenteil, was sicher Folgen haben wird.

Übrigens auch für die Europäer, die sich anscheinend der Tatsache, wie toxisch Selensky für Trump ist, gar nicht bewusst sind. Je mehr die Europäer Selensky gegen Trump beistehen, desto mehr verärgern sie Trump, was sicher auch Auswirkungen auf die Verhandlungen mit den USA über Zölle und andere Fragen haben wird, die für die Europäer nun einmal wichtig sind.

Nix Neues von deutschen Politikern

Die Politiker in Deutschland haben erstens offenbar von dem eben gesagten keinen Schimmer und zweitens haben sie immer noch nicht begriffen, dass sich die Lage verändert hat.

Ich persönlich wäre sehr froh, wenn sie die Kraft fänden, sich aus dem Vasallentum des Transatlantismus zu befreien, aber die führenden Politiker und Redakteure der Medien in Europa stecken in ihrer Denkschule fest, laut der Trump böse und die politische Linie der US-Demokraten super ist.

Dass sie Trump nun kritisieren und Selensky verteidigen, bedeutet, dass sie sich offen gegen die US-Regierung stellen, was lobenswert wäre, wenn sie denn einen Plan hätten, wie sie Deutschland und Europa aus der US-Dominanz befreien wollen. Den haben sie aber nicht. Und solange sie den nicht haben, ist es für Deutschland und Europa gefährlich, sich planlos und nur aus Prinzip gegen die US-Regierung zu stellen.

Der Spiegel zitierte die Ergüsse der deutschen Polit-Prominenz in einem Artikel. So sagte Noch-Kanzler Scholz:

„Es ist schlicht falsch und gefährlich, Präsident Selenskyj die demokratische Legitimation abzusprechen. Richtig ist: Wolodymyr Selenskyj ist das gewählte Staatsoberhaupt der Ukraine. Dass mitten im Krieg keine ordentlichen Wahlen abgehalten werden können, entspricht den Vorgaben der ukrainischen Verfassung und den Wahlgesetzen. Niemand sollte etwas anderes behaupten.“

Scholz kann es sich leisten, Trump anzugreifen, denn er ist nicht mehr lange Kanzler und muss die Folgen nicht ausbaden. Aber auch der wahrscheinlich nächste Kanzler Friedrich Merz fühlte sich berufen, seinen Senf dazuzugeben, indem er Trumps Aussage, die ukrainische Regierung trage eine Mitschuld am russischen Angriffskrieg und hätte selbst längst Frieden schaffen können, wie folgt kommentierte:

„Das ist im Grunde genommen eine klassische Täter-Opfer-Umkehr. Das ist das russische Narrativ. Ich bin ehrlich gesagt einigermaßen schockiert darüber, dass Donald Trump das jetzt offensichtlich sich selbst zu eigen gemacht hat.“

Damit wirft auch Merz Trump das vor, was Selensky ihm vorgeworfen hat, nämlich „russischer Propaganda“ oder „Desinformation“ aufgesessen zu sein. Wie Washington auf solche Vorwürfe reagiert, haben wir gesehen. Merz schwächt sein Verhandlungsposition als Kanzler also schon bevor er gewählt ist, was nicht eben von Intelligenz und Realitätssinn seinerseits spricht.

Ob Merz weiß, dass Trump Recht hat, ist ungewiss. Die Ukraine hätte bekanntlich im April 2022 einen Frieden schließen können, wenn sie zugestimmt hätte, abzurüsten und ein neutraler Staat ohne ausländische Truppen im Land zu bleiben. Dann wären hunderttausende Menschen noch am Leben und die Ukraine hätte die Gebiete Cherson und Saporoschje nicht verloren.

Heute kann die Ukraine von solchen Bedingungen nicht einmal mehr träumen, weshalb Trump ganz objektiv mit seiner Aussage Recht hat. Aber die Frage ist wie gesagt, ob Merz davon überhaupt weiß, oder ob er sich nur aus westlichen Medien informiert, die das verschweigen.

 

Offener Streit zwischen Selensky und Trump