Eine bahnbrechende Entdeckung der Oregon Health & Science University (OHSU) könnte die Behandlung von Krebs und Multipler Sklerose revolutionieren. Wissenschaftler haben einen natürlichen Pflanzenstoff identifiziert, der zentrale Krankheitsprozesse blockiert. Dürfen wir nun einen Durchbruch in der Krebsbehandlung erwarten?
Wissenschaftler haben in einer im Journal of Biological Chemistry veröffentlichten Studie mit dem Titel “Distinct chemical structures inhibit the CEMIP hyaluronidase and promote oligodendrocyte progenitor cell maturation” einen pflanzlichen Flavonoid namens Sulfuretin entdeckt, der die Aktivität eines Enzyms hemmt, das sowohl bei Multipler Sklerose als auch bei Krebserkrankungen eine Schlüsselrolle spielt. “Wir glauben, dass dieses Mittel in vielen verschiedenen Bereichen Wirkung zeigen könnte”, erklärt Professor Larry Sherman von der Abteilung für Neurowissenschaften am Oregon National Primate Research Center der OHSU.
Die Entdeckung ist das Ergebnis jahrelanger akribischer Arbeit von Studenten der University of Portland unter Leitung der mittlerweile pensionierten Chemieprofessorin Angela Hoffman. “Über die Jahre haben ihre Studenten diese Blumen zermahlen, Moleküle extrahiert und getestet, ob eines davon die Hyaluronidase-Aktivität blockiert”, berichtet Sherman. “Vor einigen Jahren fanden sie schließlich eine vielversprechende Verbindung.”
Die Forscher stellten fest, dass Sulfuretin die Aktivität eines bestimmten Enzyms namens Hyaluronidase hemmt, das Hyaluronsäure abbaut. Dies ist aus zwei Gründen bedeutsam:
- Förderung der Myelinreparatur: Bei MS verhindert der Abbau von Hyaluronsäure die Reifung von Oligodendrozyten, jenen Zellen, die Myelin produzieren – die schützende Hülle um Nervenzellen. Schäden am Myelin sind charakteristisch für MS und andere neurodegenerative Erkrankungen.
- Hemmung der Krebszellenvermehrung: In Tumoren kann Hyaluronidase-Aktivität dazu führen, dass sich Krebszellen unkontrolliert vermehren. “Jetzt haben wir einen Hemmstoff, der das tatsächlich stoppen könnte”, so Sherman.
Die Forschung konzentriert sich auf die Hemmung eines spezifischen Hyaluronidase-Typs, bekannt als CEMIP (Cell Migration-Inducing and Hyaluronan-Binding Protein). Dieses Enzym wird nicht nur mit MS und Krebs in Verbindung gebracht, sondern auch mit Osteoarthritis, Hautinfektionen, alkoholbedingten Hirnverletzungen und möglicherweise anderen neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer.
Alec Peters, ein Doktorand in Shermans Labor, wies nach, dass Sulfuretin die CEMIP-Aktivität sowohl in einer Tumorzelllinie als auch in Oligodendrozyten-Vorläuferzellen blockiert. Der nächste Schritt ist die Erprobung der Verbindung in Tiermodellen, um ihre Wirksamkeit und mögliche Nebenwirkungen bei der Behandlung von Krebs und neurodegenerativen Erkrankungen wie MS zu ermitteln.
“Diese Entdeckung könnte für Alzheimer oder andere neurodegenerative Erkrankungen nützlich sein”, sagt Hoffman. “Solange das zugrundeliegende Problem mit dem Abbau von Hyaluronsäure zusammenhängt, könnte dies für Menschen hilfreich sein.” Die Forschung wurde durch Zuschüsse der National Institutes of Health, der Congressionally Directed Medical Research Programs, der National Multiple Sclerosis Society und anderer Institutionen unterstützt.