27. Dezember 2024

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Produktion von „grünem“ Wasserstoff in Nambia: Milliardengrab für deutsches Steuergeld?

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300.000 Tonnen „grüner“ Wasserstoff jährlich sollen mit Strom aus Solarpaneelen auf 40 Quadratkilometern in der ältesten und trockensten Wüste der Welt produziert werden. Der Wasserstoff soll mit Tankschiffen über etwa 12.000 km Seeweg von Lüderitz nach Rotterdam und von dort weiter nach Deutschland und andere EU-Länder gebracht werden.

Ich war Anfang voriger Woche auf einer Rundreise durch Namibia auch in Lüderitz und konnte mich mit den dortigen Verhältnissen in etwa vertraut machen. Wind von rund 40 bis 50 kmh, bei Böen von 75 bis 90 kmh haben enorm viel Sand durch die Luft geblasen. Im Bild oben eine Aufnahme von Lüderitz quer über die Bucht mit dem Smartphone. Es gibt die Realität wieder, es ist einfach jede Menge Sand in der Luft dazwischen. Im Hintergrund über der Stadt drei Windräder zum Test.

Auf der Straße nach Lüderitz sieht es nicht viel anders aus, wie am folgenden Bild zu erkennen. Mit Hilfe des Navi erkennt man gut wo die Straße sein muss. Gelegentlich verdeckt der wehende Sand allerdings Sanddünen, die sich auf der Straße bilden, was dann leicht unangenehm werden kann. Es stehen aber an der Straße Räumfahrzeuge bereit um die Dünen zu beseitigen.
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Diese Verhältnisse findet man auf der B4 von Lüderitz bis Aus auf etwa 120 km vor. Eigentlich genauer bis Klein Aus, aber ganz aus ist es erst bei der Ortschaft Aus – die heißen wirklich so. Dabei kommt man an der früheren Siedlung Kolmanskop, oder auch Kolmannskuppe, vorbei, einer Geisterstadt von Diamantschürfern, die nach und nach wieder von den Sanddünen der Wüste zurückerobert wird. Gleich dahinter die frühere Diamantenmine, jetzt ein Sperrgebiet des Tsau-ǁKhaeb—Nationalparks, in dem das Solarkraftwerk auf 40 Quadratkilometern im Sperr- und Naturschutzgebiet errichtet werden soll.

Die Wüste Namib erstreckt sich an der Küste mit einer Tiefe von 100 bis 300 km über 2000 km von Südafrika bis Angola. Der kalte aus dem Südpolarmeer kommende Benguela Strom, mit einer Wassertemperatur von 13 Grad bei Lüderitz, verursacht Starkwinde der Küste entlang die das Einströmen von Feuchtigkeit ins Landesinnere verhindern. Daher die ultra trockene Wüste.

Das folgende Foto stammt aus der Agate Bucht, nördlich von Lüderitz, und zeigt Diamantenstaub im Sand der Badebucht aus dem unangenehmen Sndsturm, der das Baden eher zu einer Peeling-Erfahrung machte. Der Sand enthält auch noch die Mineralien Quarz und Granat, die ebenfalls extrem hart und scharf sind.

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Die Oberfläche der Solarpaneele werden durch die Sandstrahlung keine lange Lebensdauer haben, so sie nicht vorher von Böen beschädigt oder weggeblasen werden. Zumindest wird der Ertrag rasch sinken.

Auch die Windräder werden leiden. Wir konnten für eine Umdrehung 4 bis 5 Sekunden Dauer messen, so dass sich die Spitzen auf dem 550 Meter langen Umfang mit bis zu knapp 400 km/h durch den Sandsturm bewegen und dabei richtig  sandgestrahlt werden.

Wie Dr. Rainer Baake (Grüne), Sonderbeauftragter für die Deutsch-Namibische Klima- und Energiekooperation im Bundesministerium für Wirtschaft und Klima, bei einer Veranstaltung in Windhuk nach einem Bericht der Allgemeinen Zeitung (erscheint täglich seit 1906 in Namibia) vom 18.4.2023 erklärte, sollen etwa 600 bis 700 Türme errichtet werden.

Laut Baake seien auch Kosten kein Argument mehr. „Erfahrungswerte zeigen, dass der Kostenaufwand für erneuerbare Energien ständig sinkt. Im Jahr 2000 kostete bei uns (in Deutschland) eine Einheit 0,50 Euro. Im Jahr 2023 stehen die Kosten nun auf 0,05 Euro, Tendenz fallend. Wenn wir uns nicht der Null-Emissionsstrategie anschließen, steuern wir einem Desaster entgegen. Welcher Ausweg bleibt uns denn? Irgendwann müssen wir umdenken und die Zeit ist jetzt“, glaubt Baake.

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Die Tücken von Wasserstoff

Wasserstoff, H, ist das kleinste Atom überhaupt, es besteht gerade mal aus einem Proton und einem Elektron. Die Atome verbinden sich sofort zu einem H2-Molekül, das ebenfalls das kleinste und flüchtigste existierende Molekül ist.

Molekularer Wasserstoff (H2) ist etwa 14,4-mal weniger dicht als Luft. Der Siedepunkt liegt bei minus 252 °C, der Transport als Flüssigkeit entfällt somit wegen des hohen Energieverbrauchs zum Kühlen. Um ihn überhaupt vernünftig transportieren zu können, muss durch starkem Druck das Volumen erheblich verkleinert werden. Entweicht er, so entsteht anders als bei allen anderen Gasen durch die Expansion keine Abkühlung, sondern Hitze und mit Sauerstoff Knallgas.

Einige thermodynamische Eigenschaften (Transportphänomene) sind aufgrund der geringen Molekülmasse und der daraus resultierenden hohen mittleren Geschwindigkeit der Wasserstoffmoleküle (1770 m/s bei 25 °C) von besonderer Bedeutung. Wasserstoff besitzt bei Raumtemperatur das höchste Diffusionsvermögen. So diffundiert Wasserstoff durch Materialien wie Polyethylen und glühendes Quarzglas. Ein sehr wichtiges Phänomen ist die außerordentlich hohe Diffusionsgeschwindigkeit in Eisen, Platin und einigen anderen Übergangsmetallen, da es dort dann zur Wasserstoffversprödung kommt. In Kombination mit einer hohen Löslichkeit treten bei einigen Werkstoffen extrem hohe Permeationsraten auf. Hieraus ergeben sich  technische Probleme beim Transportieren, Lagern und Verarbeiten von Wasserstoff und Wasserstoffgemischen.

Der „grüne“ Wasserstoff wird damit so teuer, wie die Grünen insgesamt, Herr Baake.

Das ist übrigens der Grund, warum der Energiekonzern Vattenfall die Produktion von Wasserstoff aus Offshore Windenergie aufgegeben hat, da die Produktion trotz staatlicher Förderung unwirtschaftlich ist und bleiben wird.

Der gesamte Prozess vom Meerwasser des Südatlantik bis zu etwas Brauchbaren in Deutschland ist noch dazu ungeheuer aufwändig und benötigt viel Energie. So muss zunächst das Meerwasser entsalzen werden, Süßwasser gibt es in der Namib Wüste nur in homöopathischen Dosen. Dann werden 51 kWh Strom benötigt, um ein Kilogramm gasförmigen Wasserstoff mit einem Energieinhalt von 33,3 kWh zu erzeugen. Der Wirkungsgrad von etwa 65 Prozent entspricht dem eines Gaskraftwerks bei der Stromerzeugung. Die restlichen 17,7 kWh werden zum Großteil in Wärme umgewandelt. Die Elektrolyse-Anlage muss also mit erheblichen Aufwand gekühlt werden um unerwünschte Ereignisse zu verhindern.

Der Elektrolyseur ist ein hochproblematisches Anlageteeil. Lat dem Artikel von Schuler können die enormen Energiemengen der Abwärme – im vorliegenden Fall 5,4 TWh im Jahr – nicht mit Luftkühlung, sondern nur mit Wasser abgeführt werden. Dabei muss ein enger Temperaturbereich eingehalten werden, denn Überhitzung wäre fatal für die Zelle. 5,4 TWh sind 4,6 Billionen Kilokalorien. Pro Jahr. Bei einer Temperatursteigerung des Kühlwassers von 20 auf 40 Grad ergäbe sich ein Kühlwasserbedarf von 26.000 Kubikmetern pro Stunde ergeben. Dazu wäre ein Flüsschen von der Größe der Sieg im Sauerland nötig. Der Ausweg in Namibia wären riesige Kühlturme.

Die Temperaturen bewegen sich im Sommer bei etwa 22 bis 25 Grad au 26 Grad südlicher Breite dank des kalten Südwinds. Kommt der Wind aber aus irgendeiner anderen Richtung, was gelegentlich vorkommt, dann steigen die Temperaturen im Sommer gerne mal auf 30 bis 40 Grad. Auch darauf müssten die Anlagen ausgelegt werden.

Die Sonne scheint übrigens selbst in Namibia nicht in der Nacht, ein unterbrechungsfreier Betrieb ist damit unmöglich. Dennoch sind auch in der Nacht enorme Energiemengen nötig um den Betriebszustand der Anlage zu sichern. Dies auch für den Fall, wenn eine in der Gegend nicht so seltene Nebelbank über die Solaranlage zieht. Mit Wind ist es jedenfalls nicht betreibbar, wie Vattenfall erfahren hat. Eine größere Stromreserve muss also mit kostspieligen Batterien gesichert werden.

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Transportprobleme

Anschließend muss das Gas massiv komprimiert werden um es transportfähig zu machen.

Wilfried Schuler beschäftigt sich in Artikeln in Ansage! mit weiteren Problemen des Transports. Um die 300.000 Tonnen nach Rotterdam zu verschiffen, werden 7 Tankschiffe benötigt, die pro Stück 500 Millionen Euro kosten, etwa das doppelte von einem LNG Frachter wegen der wesentlich höheren Anforderungen an Dichtheit und Sicherheit. Sie transportieren 12.000 Tonnen und schaffen sieben Touren pro Jahr. Laut Schuler verbrauchen sie dabei 5000 Tonnen Wasserstoff für den Antrieb.

Der Hafen in Lüderitz ist relativ klein und Schiffe selbst dieser Größe sind nur schwer unterzubringen. Es wird gerade auf der Shark Island Seite gebaut, offenbar für die Beladung der Tankschiffe. Ein Unfall mit Wasserstoff-Explosion könnte Lüderitz dem Erdboden gleich machen.

Auf Shark Island war auch von 1904 bis 1908 ein KZ in der die deutsche Kolonialmacht Angehörige der Nama und Herrero Stämme gefangen hielt, folterte und ermordete.

Ich habe in Namibia auch gehört, dass man überlegt Ammoniak für einen angeblich sichereren Transport zu erzeugen. Das kostet allerdings nur noch mehr Energie. Denn ein Stickstoffmolekül mit einer Atommasse von 14  kommt zu drei H Atomen mit Atommasse 3 dazu und das macht gleich etwa 82% des Transportgewichts aus. Man braucht Energie um Ammoniak zu erzeugen und dann um den störenden Stickstoff wieder zu entfernen. Es lässt sich zwar unter Druck bei Minus 33 Grad einfach verflüssigen und wäre dann leichter transportierbar – aber wie gesagt mit 85% totes Gewicht. Keine gute Idee.

Wie sich die fast 10 Milliarden hohe Investition – ohne die 3,5 Milliarden für die Tanker – rechnen soll wissen nur die Grünen. Die 16.000 Seelen Stadt Lüderitz plant dazu noch den Bau von 15.000 Wohneinheiten für die Arbeiter zur Zeit des Baus, wovon 5000 für den Betrieb benötigt werden.

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Das zweite Green Hydrogen Projekt

Der The Nambian berichtete am 19. November über das Dâures Green Hydrogen Consortium, das das erste „grüne Dorf“ Afrikas schaffen möchte, eine Modellgemeinde, die sich Wasserstoff als praktische Energiequelle vorstellt. Das Projekt sollte mit der Produktion von grünem Wasserstoff und Ammoniak als Düngemittel in kleinem Maßstab beginnen, bevor es auf industriellem Niveau für lokale und Exportmärkte ausgeweitet wird.

Bisher hat das Unternehmen 232 Millionen N$ (12,5 Mio Euro) ausgegeben.

Ursprünglich hatte das Konsortium geplant, bis März dieses Jahres Tomaten, Karotten, Ammoniak und grünen Wasserstoff zu produzieren.

Das soll offenbar hier in einem schmalen Wüstental 60 km landeinwärts von der Skelettküste passieren:

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Ein Wüstenpiste genannt D2303 führt dorthin. Der Namibian berichtet, dass das Konsortium vor drei Monaten an das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geschrieben hat und um zusätzliche 3,1 Millionen N$ (167.000 Euro) für die Fortsetzung des Projekts gebeten hat.

Das BMBF wurde darüber informiert, dass zusätzliche Mittel, die bisher nicht zugesagt wurden, erforderlich sind, um die erste Phase des Projekts abzuschließen. Ein Teil der erforderlichen zusätzlichen Mittel wurde bereits ausgegeben“, sagte BMBF-Sprecherin Bettina Böhm gegenüber The Namibian.

Bisher sieht das Projekt von oben so aus:

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Der Namibian hat in dem Artikel auch einen investigatives „Who is Who“ Teil. Darin heißt es unter anderem: „Es wird von Enersense Energy Namibia geleitet und wurde 2021 von Martin Nambundunga und Anastacia Imbili, einer Enkelin des Gründungspräsidenten Sam Nujoma, mitbegründet.“ Die Verstrickung in die hohe Politik scheint eng zu sein.

Es sieht so aus, als würde Deutschland Millionen und vielleicht sogar Milliarden für den Wasserstoff der Grünen in den Sand der Namib Wüste setzen.

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Produktion von „grünem“ Wasserstoff in Nambia: Milliardengrab für deutsches Steuergeld?

 

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