Das Zentrale Wahlbüro Rumäniens (BEC) hat entschieden, Călin Georgescu von der Präsidentschaftswahl im Mai auszuschließen, mit der Begründung, er habe gegen demokratische Prinzipien verstoßen. Der Überraschungssieg des rechtsgerichteten Establishment-Kritikers in der ersten Wahlrunde im November hatte eine Wiederholung der Wahl erforderlich gemacht.
Die Wahlbehörde in Bukarest erklärte, Georgescu habe gegen die Wahlvorschriften verstoßen und damit seine Pflicht zur Verteidigung der Demokratie verletzt. Zudem waren zuvor über 1.000 Beschwerden gegen ihn eingegangen, in denen ihm „extremistische“ Ansichten vorgeworfen wurden.
Gegen die Entscheidung kann Georgescu innerhalb von 24 Stunden beim Verfassungsgericht Berufung einlegen.
Georgescus Reaktion: „Rumänien unter Tyrannei“
Als Favorit in der bevorstehenden Wahl, mit bis zu 45 % prognostizierten Stimmen, reagierte Georgescu scharf auf seinen Ausschluss. Auf X schrieb er, die Entscheidung sei ein „direkter Schlag ins Herz der Demokratie weltweit“. Er erklärte weiter: „Europa ist jetzt eine Diktatur, Rumänien steht unter Tyrannei.“
Hintergrund und politische Ansichten
Georgescu, promovierter Bodenkundler, war in den 1990er und 2000er Jahren im rumänischen Umweltministerium tätig und vertrat das Land bis 2012 im nationalen Ausschuss des Umweltprogramms der Vereinten Nationen.
Er gehörte zeitweise der rechtsgerichteten Partei Allianz für die Einheit der Rumänen (AUR) an, verließ diese jedoch 2022 aufgrund interner Konflikte. Seither ist er parteilos, hat sich aber eine beachtliche Online-Präsenz aufgebaut.
Georgescu hat sich wiederholt gegen die NATO und die EU ausgesprochen und kritisiert insbesondere die westliche Unterstützung für die Ukraine.
Der Wahlerfolg und die umstrittene Annullierung
Entgegen aller Prognosen erzielte Georgescu 23 % der Stimmen in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen im November – mehr als jeder andere Kandidat.
Doch nur einen Monat später erklärte das Verfassungsgericht die Wahl für ungültig. Die Begründung: Geheimdienstdokumente legten nahe, dass es „Unregelmäßigkeiten“ im Wahlkampf gegeben habe, angeblich durch russische Einflussnahme.
Beweise für diese Vorwürfe wurden jedoch nie präsentiert.
Spätere Medienberichte deuteten darauf hin, dass die „Unregelmäßigkeiten“ tatsächlich von einer Beratungsfirma ausgingen, die mit der prowestlichen Nationalliberalen Partei (PNL) verbunden war. Diese Firma hatte offenbar versucht, einen anderen Kandidaten zu schwächen – und dabei versehentlich Georgescu gestärkt.
Russlands Reaktion auf die Vorwürfe
Moskau wies die Anschuldigungen entschieden zurück. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte im November:
„Wir mischen uns nicht in Wahlen ein, insbesondere nicht in Rumänien, und wir haben auch nicht vor, dies jetzt zu tun.“
Er bezeichnete die Anschuldigungen als „typische westliche Tendenz“, für politische Turbulenzen Russland verantwortlich zu machen.
Georgescus Verhaftung und Anklage
Ende Februar wurde Georgescu kurzzeitig festgenommen und wegen sechs strafrechtlicher Vergehen angeklagt. Die Vorwürfe umfassen:
- „Verfassungsfeindliche Aktivitäten“
- „Bestechung von Wählern“
- „Förderung faschistischer, rassistischer oder fremdenfeindlicher Ideologien“
Georgescu rief daraufhin US-Präsident Donald Trump um Hilfe an und erklärte, er sei ein Opfer des „tiefen Staates“ in Rumänien.
Internationale Reaktionen: Kritik aus den USA
Während Trump sich bislang nicht zur Kontroverse äußerte, sprach US-Vizepräsident J.D. Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz von „hässlichen Praktiken aus der Sowjet-Ära“, die nun in Rumänien zu sehen seien, um eine „alternative Sichtweise“ zu unterdrücken.
Der von Trump ernannte Regierungseffizienz-Zar Elon Musk bezeichnete Georgescus Verhaftung im Februar als „verkorkst“.
Juristische Einschätzungen: War der Ausschluss rechtens?
Die rumänische Zeitung Adevarul zitierte am Sonntag einen ehemaligen Verfassungsrichter, der erklärte, eine Annullierung der Kandidatur sei nur bei einer rechtskräftigen Verurteilung wegen eines Verbrechens gerechtfertigt.
Der Verfassungsrechtler Bogdan Iancu forderte, dass das rumänische Verfassungsgericht den Bericht der Venedig-Kommission berücksichtigen müsse. Dieses beratende Gremium des Europarats betonte Ende Januar, dass die Annullierung von Wahlergebnissen nur unter sehr außergewöhnlichen Umständen gerechtfertigt sei.
In dem Bericht heißt es:
„Eine Wahl darf nicht allein auf Grundlage geheimer Informationen annulliert werden, da dies die notwendige Transparenz und Überprüfbarkeit nicht gewährleisten würde.“
Zudem verwies die Kommission auf ihren Verhaltenskodex von 2018, der besagt:
„Der Entzug des aktiven oder passiven Wahlrechts darf nur bei geistiger Unzurechnungsfähigkeit oder einer strafrechtlichen Verurteilung wegen einer schweren Straftat erfolgen.“
Argumente gegen Georgescu: Ein Präzedenzfall?
Befürworter des Ausschlusses Georgescus berufen sich auf einen Präzedenzfall aus dem Vorjahr: Diana Șoșoacă, eine andere rechtsgerichtete Kandidatin, wurde von der Präsidentschaftswahl ausgeschlossen, nachdem ihr Verhalten und ihre öffentlichen Äußerungen untersucht worden waren.
Doch Kritiker sehen in Georgescus Fall eine gezielte politische Säuberung. Der Verdacht, dass die Wahlwiederholung genutzt wird, um einen EU-kritischen Kandidaten zu eliminieren, könnte die Glaubwürdigkeit des demokratischen Prozesses in Rumänien langfristig untergraben.
Mit der Entscheidung des Verfassungsgerichts in den nächsten Tagen wird sich zeigen, ob Georgescu eine zweite Chance erhält – oder ob Rumänien endgültig die Tür zu politischem Pluralismus schließt.