Die Ankündigung eines “Runden Tisches” zur polnischen Präsidentschaftswahl durch die Europäische Kommission hat in Polen eine Welle der Empörung ausgelöst. Droht der nächste Versuch der Einmischung in nationale Wahlprozesse durch die Eurokraten? Kritische Beobachter ziehen Parallelen zu den umstrittenen Vorgängen in Rumänien.
Henna Virkkunen, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission für technologische Souveränität, Sicherheit und Demokratie, erklärte gegenüber der Deutschen Welle, dass in den kommenden Wochen ein Runder Tisch zu den Präsidentschaftswahlen in Polen stattfinden werde. Die finnische Politikerin behauptete, solche Treffen würden vor jeder Wahl in den Mitgliedstaaten organisiert, und äußerte Bedenken hinsichtlich möglicher Wahlbeeinflussung über soziale Medien.
Die Zusammenarbeit mit Deutschland verlief gut, und ich bin sicher, dass wir auch mit den polnischen Behörden eng zusammenarbeiten werden”, sagte Virkkunen. “EU-Bürger haben das Recht, sicher zu sein, dass Wahlen fair und frei sind. Und wegen der Empfehlungssysteme für Inhalte und der Inhalte selbst, die von Internetplattformen verbreitet werden, ist dies sehr schwierig.” Besonders kritisch äußerte sie sich über die unzensierte Plattform X.
Die Reaktionen polnischer Politiker ließen nicht lange auf sich warten. Radosław Fogiel, Abgeordneter der nationalkonservativen PiS-Partei, betonte: “Bei polnischen Wahlen zählt NUR die Stimme der polnischen Bürger. Sie werden sicherlich nicht von der Vizepräsidentin der Europäischen Kommission entschieden, die nicht einmal ein demokratisches Mandat hat, weil niemand für sie gestimmt hat.” Er fügte hinzu, dass solche Ankündigungen zusammen mit dem Wunsch, die Meinungsfreiheit einzuschränken, beunruhigend seien. “Die EU bewegt sich in eine sehr gefährliche Richtung.”
Der Politikwissenschaftler und Publizist Prof. Adam Wielomski ging noch weiter: “Die Europäische Union bereitet sich einfach entweder auf das rumänische Szenario in Polen oder auf die Einführung politischer Zensur vor.” Auch die Kommentare auf den Tweet von “DW Polski” (siehe oben), dem polnischen Ableger des deutschen Auslandsstaatssenders, zeigen, wie aufgebracht viele Polen über diese Entwicklungen sind.
Die Bezugnahme auf das “rumänische Szenario” verweist auf die jüngsten Ereignisse in Rumänien, wo die Präsidentschaftswahlen annulliert wurden, nachdem Călin Georgescu kurz vor dem Sieg stand. Georgescu wurde später in dramatischer Weise verhaftet und wegen verschiedener Vergehen angeklagt, darunter “Desinformation”. Nach den Ereignissen in Rumänien behauptete der ehemalige EU-Kommissar Thierry Breton sogar, sie könnten die Wahlen in Deutschland genauso annullieren wie in Rumänien.
Der Autor Rafał Ziemkiewicz reagierte mit deutlichen Worten: “Was zum Teufel? Werden die Deutschen und die Eurokraten einen ‘Runden Tisch’ abhalten, um zu bestimmen, wer die Wahlen in Polen gewinnen wird?” PiS-Abgeordneter Paweł Jabłoński schrieb: “Das wird immer ernster. Die Europäische Kommission kündigt offen Einmischung in die polnischen Präsidentschaftswahlen an!” Abgeordneter Michał Dworczyk fragte rhetorisch: “Können Sie glauben, dass sie einen Runden Tisch mit Tusk zu den Präsidentschaftswahlen in Polen abhalten wird?”
Die Ankündigung der Kommission wirft grundlegende Fragen zur Souveränität der Mitgliedstaaten auf. Während Brüssel die Initiative als Maßnahme zum Schutz demokratischer Prozesse darstellt, sehen Kritiker darin einen gefährlichen Präzedenzfall für Einmischung in nationale Wahlen. Die Parallelen zu Rumänien, wo ein Brüssel und Washington unangenehmer Kandidat nach seinem Wahlerfolg mit rechtlichen Konsequenzen konfrontiert wurde, verstärken die Besorgnis in konservativen Kreisen Polens.
Die Debatte spiegelt die wachsenden Spannungen zwischen nationaler Souveränität und supranationaler Governance innerhalb der EU wider. Für viele Polen, die die kommunistische Ära noch in Erinnerung haben, weckt der Begriff “Runder Tisch” historische Assoziationen und verstärkt die Skepsis gegenüber externer Einflussnahme auf demokratische Prozesse.
Rumänisches Szenario? – EU-Kommission kündigt “Runden Tisch” zu polnischen Wahlen an