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Myrrhis odorata
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Die Süßdolde (Myrrhis odorata) ist unter Kräuterkennern als hervorragendes Gewürzkraut beliebt. Der Geschmack erinnert zwar etwas an Anis, mit der die Pflanze auch verwandt ist. Die Samen und Blätter des Doldenblütler passen hervorragend zu Suppen, Saucen, Backwaren oder Fisch. Auch die Wurzeln der Pflanze können wie Möhren zubereitet werden. Früher wurde die Süßdolde auch als Heilpflanze verwendet.
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Herkunft, Systematik und Merkmale der Süßdolde
Herkunft und Vorkommen
Die Süßdolde ist ursprünglich eine Gebirgspflanze. Ihre Heimat sind vor allem die Gebiete rund um den Alpen, den Voralpen und den Karpaten. Ihr hauptsächliches Verbreitungsgebiet hat die Pflanze heute vor allem in Mittel- bis Osteuropa sowie Teile Nord- und Südeuropas. Größere Bestände sind heute auch in Südamerika zu finden.
Finden lässt sich die Süßdolde vor allem an lehm- und nährstoffreichen Standorten wie Wiesen, gut bewirtschafteten Weiden, Hecken sowie an Rändern von Laubwäldern.
Systematik von Myrrhis odorata
Die Süßdolde (Myrrhis odorata) ist ein typischer Doldenblütler (Apiaceae) und verwandt mit wichtigen Heil- und Gewürzkräutern wie dem Anis, dem Kümmel oder der Bärwurz. Die Gattung Myrrhis besteht lediglich aus der hier vorgestellten Art. Weitere Unterarten oder Sorten sind nicht bekannt.
Synonyme Namen sind Myrrhenkerbel oder Wilder Kerbel.
Merkmale der Süßdolde
Die Süßdolde ist eine mehrjährige krautig wachsende Staude, die Wuchshöhen bis zu 180 Zentimeter erreichen kann. Im Boden bildet die Pflanze dickere möhrenähnliche, bräunlich gefärbte Pfahlwurzeln aus, an denen sich jeweils mehrere feine Wurzelhaare befinden.
Die Blätter der Süßdolde sind stets doppelt bis vierfach gefiedert und verströmen einen aromatisch, lieblichen Duft. An jedem Blattstiel sitzen mehrere farnähnliche Blätter, die sich jeweils gegenüber stehen. Die Blattränder sind gesägt. Die Unterseite der Blätter sind leicht behaart und fassen sich weich an. Die Stängel sind gefurcht, auffällig verzweigt und ründlich.
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Zur Blütezeit, die zwischen Mai bis Anfang August zu erwarten ist, bildet die Süßdolde weiße und duftende Blüten aus. Der Blütenstand ist eine Doppeldolde. Jede Blüte besitzt fünf Blütenblätter. Die weiblichen Blüten sitzen stets auf der Hauptdolde und haben jeweils zwei Fruchtblätter.
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Nach der Blütezeit bilden sich aus den weißen Blüten zweigeteilte Spaltfrüchte aus, die eine Länge von bis zu 2 cm aufweisen. Die Farbe der Früchte ist schwarz mit dezentem Glanz. Die Samen haben eine lanzettliche Form und sind deutlich geriffelt.
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Aussaat, Anbau und Pflege im Garten
Standort
Die Süßdolde bevorzut halbschattige Standorte, toleriert aber auch teils schattige und sonnige Lagen. Vollsonnige Plätze sollten jedoch vermieden werden. Die Pflanze schätzt eher feuchte und nährstoffreiche Böden mit hohem Humusgehalt. Unter Umständen toleriert die Süßdolde auch Böden mit höheren Sandanteilen. Allerdings ist dann ein kleineres Wachstum zu erwarten.
Aussaat
Die Aussaat der Süßdolden kann zwischen September und Oktober direkt im Freiland oder im Topf auf dem Balkon erfolgen. Die Pflanze ist ein Frostkeimer und benötigt zwingend kältere Temperaturen, um zu keimen. Die jungen Keimlinge erscheinen meist im zeitigen Frühjahr zwischen Ende März und Anfang April.
Im Freiland ist ein Pflanzabstand von mindestens 40 cm je Pflanze empfehlenswert. In Kräuterspiralen eignen sich meist die höheren Ebenen zum Anpflanzen. Beim Anbau im Topf sind tiefere Töpfe zu berücksichtigen, da die Pflanze über die Zeit längere Pfahlwurzeln ausbilden kann.
Süßdolden kommen ursprünglich aus dem Gebirge und sind daher längere Kältephasen gewohnt. Dies muss bei der Aussaat unbedingt berücksichtigt werden.
Gießen
Im Freiland genügt der Süßdolde eine normale Bewässerung. Der Doldenblütler verträgt kurze trockene Phasen meist problemlos. Ein vollständiges Austrocknen des Bodens oder der Erde sollte dennoch vermieden werden, da dies Stress und Pflanzenkrankheiten begünstigt. Wächst der Myrrhenkerbel in sandigen Böden, sollte das schnellere Auswaschen berücksichtigt werden.
Düngen
Wächst die Süßdolde in einem nährstoffreichen Boden und im Freiland ist zusätzliches Düngen meist nicht notwendig. In Sandböden sollte vor der Blüte und im zeitigen Frühjahr ein guter NPK-Dünger verwendet werden. Eine ökologisch gute Alternative ist Kompost mit ein paar Gaben Gesteinsmehl. Topfkulturen können etwa alle 8 Wochen während der Vegetationsperiode gedüngt werden.
Krankheiten und Schädlinge
Bei sachgemäßer Pflege wird die robuste Pflanze kaum von Schädlingen heimgesucht. In kargen Böden kann gelegentlich Nährstoffmangel herrschen, was sich durch leicht angegilbte Blätter bemerken lässt. Selten bevölkern Blattläuse die Pflanze. Da jedoch Nützlinge wie Marienkäfer und Schwebfliegen Süßdolden lieben, finden sich meist nur wenige Exemplare am Stängel der Pflanze.
Überwinterung
Süßdolden haben eine hohe Frosttoleranz und sind winterhart. Die Pflanze verliert die Blätter zum Herbst hin und überdauert bis zur nächsten Vegetationsperiode im Boden. Ab Ende März bis April treibt die Pflanze in der Regel wieder aus.
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Verwendung der Süßdolde
Verwendung als Küchenkraut
Hinweis zu medizinischen Inhalten
Die hier dargestellten Inhalte stellen keine Empfehlungen dar. Sie sind aus historischen und wissenschaftlichen Quellen nach wissenschaftlichen Standards recherchiert und werden von uns zusammengefasst. Sollten Sie krank sein, suchen Sie bitte einen Arzt auf.
In der Küche ist die Süßdolde eine Bereicherung. Nahezu alle Pflanzenteile sind essbar und lassen sich vielseitig verwenden. Sie ist ein hervorragendes und beliebtes Küchenkraut, dass u.a. Süßspeisen, Saucen oder Fischgerichte würzen kann. Der Geschmack der Süßdolde lässt sich als lieblich, deutlich anisartig mit leichtem lakritzartiger Note beschreiben.
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- Blätter: als liebliches Gewürz für Fisch, als Zugabe von Gemüsepfannen oder als Teekraut
- Blüten: passen hervorragend zu gebackenen, kalten oder gekochten Süßspeisen
- Samen: werden als Gewürz zu Broten, Obstquark, Fruchtsalaten oder auch zu Suppen und Saucen verwendet
- Wurzeln: können als Gemüse gekocht werden oder zu Likören verarbeitet werden
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Süßdoldenblätter werden am besten frisch verwendet. Ein paar gerebelte Blätter eignen sich hervorragend für Fischgerichte, Suppen und Saucen. Das Kraut harmoniert sehr gut mit Estragon oder der Zitronenmelisse. Getrocknet verlieren die Blätter viel Aroma. Auf längeres Mitkochen sollte ebenfalls verzichtet werden. Die Blätter sollten bestenfalls zum Schluss zugegeben werden.
Eine fast vergessene Delikatesse sind Süßdoldenwurzeln, die sich wie Möhren zubereiten lassen und ebenfalls einen rübenartigen und leicht lakritzartigen Geschmack haben. Als Gemüse eignen sich die Wurzeln perfekt in Gemüsepfannen, zu Kartoffelpfannen oder zu Wildgerichten. Die Schale ist jedoch leicht zäh und kann abgetrennt werden. Die Wurzeln eignen sich hervorragend zum Füllen von Teigwaren oder auch Pilzen.
Die Samen der Süßdolde sind ein hervorragendes Gewürz und können ähnlich wie Anis verwendet werden. Der Geschmack ist jedoch etwas lakritzlastiger. Hervorragend eignen sich die Samen für viele Backwaren wie Brote, Kuchen oder Kekse. Auch Fischgerichte, Wildfleisch oder Saucen lassen sich hervorragend mit Süßdoldensamen würzen. Unreife Samen sind etwas geschmackvoller als vollständig gereifte. Die Samen können mitgekocht werden und verlieren kaum an Aroma.
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Süßdoldensamen sollten sparsam verwendet werden, da sie hohe Anteile an geschmackstragenden ätherischen Ölen haben
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Verwendung als Heilpflanze
Als Heilpflanze hat die Süßdolde nur eine geringe Bedeutung. Sie hat zwar durchaus ein gewissen Potenzial, jedoch werden andere Pflanzen aus der Familie der Doldenblütler bevorzugt eingesetzt. Dies liegt u.a. an den Gehalten an ätherischen Ölen und anderen Wirkstoffen, die in Pflanzen wie Anis oder Kümmel etwas höher sind.
In der Vergangenheit sind zwar Aufzeichnungen überliefert, dass die Süßdolde auch heilkundlich verwendet wurde. Allerdings sind die Beschreibungen meist nicht sehr inhaltsvoll oder knapp gehalten. Das lässt darauf schließen, dass die Pflanze bei praktischen Ärzten im Mittelalter und der frühen Neuzeit kaum Beachtung fand.
P.A. Mattioli (16. Jahrhundert) beschrieb in seinem Kräuterbuch, dass vor allem die Wurzel der Süßdolde verwendet wurde. Die Pflanze wurde zu jener Zeit übrigens als Falscher oder Wilder Kerbel (Körssel) bezeichnet. Sie galt damals als mögliches Heilpflanze gegen Spinnenbisse, zähem Husten oder Harnwegsstörungen. Auch gegen die Pest wurde ein Medizinalwein aus Süßdolde empfohlen, dessen Behandlungserfolg allerdings in Frage gestellt werden dürfte.
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David Dietrich (1838) weist darauf hin, dass die Myrrhis odorata keine Arzneipflanze im eigentlichen Sinne ist. Er erklärt es vorrangig auch damit, dass die Blätter der Pflanze zu jener Zeit oft mit dem Gefleckten Schierling verwechselt wurden [1].
Heute wird die Süßdolde nur vereinzelt eingesetzt. Die Blätter, Blüten und Samen der Pflanze enthalten vor allem ätherische Öle wie Anethol und Flavonoide wie Apigenin. Sie verfügt über ein ähnliches Wirkstoffpotenzial wie der Anis, wobei die Anteile Anethols etwas weniger sind. Grundsätzlich hat die Süßdolde folgende Wirkungen auf unseren Organismus:
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- appetitanregend
- teilweise antibakteriell
- schleimlösend
- antioxidativ
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Extrakte aus der Süßdolde zeigen in Laborversuchen ein hohes antioxidatives Potenzial, das sich durch die in der Pflanze enthaltenen Gallussäuren entfaltet. Dadurch ergeben sich mögliche Ansätze zur Reduzierung von oxidativen Stress [2].
Nebenwirkungen und Anwendungsbeschränkungen: Das ätherische Öl der Pflanze kann gem. Europäischer Arzneimittel-Agentur (EMA) [3] hohe Anteile an Estragol enthalten. Allerdings gibt es derzeit, wie auch in der Veröffentlichung der EMA ersichtlich ist, derzeit kaum nennenswerte Studien, die die Zusammensetzung des ätherischen Öls untersucht haben.
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Süßdolde sammeln – Was gibt es zu beachten?
Verwechslungsgefahren
Wie viele Doldenblütler kann auch die Süddolde leicht mit anderen Vertreter dieser Pflanzenfamilie verwechselt werden. Bei der Bestimmung der Pflanze, sollte vor allem die Blattform und die Haptik untersucht werden. Myhrris odorata hat durch die behaarten Blätter eine eher weiche Oberfläche. Auch verströmen die Blätter beim intensiven Zerreiben eines anisartigen und lieblichen Geruch.
Äußerlich ähnelt die Süßdolde giftigen Vertretern wie dem Gefleckten Schierling, der Hundspetersilie oder dem Hecken-Kälberkropf. Weitere Informationen zum Erkennung erhalten Sie in unserem Artikel Kräuter richtig bestimmen.
Sammelbeschränkungen und Naturschutz
Die Süßdolde ist verhältnismäßig oft in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet zu finden und nicht in ihrem Bestand gefährdet. Es sollte jedoch darauf geachtet werden, nur geringe Bestände abzupflücken, da die Pflanze ökologisch wertvoll und eine beliebte Nahrungspflanze für Insekten ist.
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Weiterführende Literatur und verwendete Quellen
- Dietrich, D. (1838): Taschenbuch der Arzneigewächse Deutschlands. Jena
- Dobravalskyte, D. Et al. (2011): Activity of Natural Antioxidants Extracted from Greater Calamint, Sweet Cicely and Coltsfoot Cultivated in Lithuania and in France. In: Foodbalt, Conference-Paper, S. 73-78.
- Europäische Arzneimittel-Agentur (2014): Public statement on the use of herbal medicinal products containing estragole. In: Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC), EMA/HMPC/137212/2005 Rev 1.
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https://www.kraeuter-buch.de/kraeuter/Suessdolde.html
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