FINANZBERATUNG: WIRKLICH KOSTENLOS? Wer Finanzprodukte bei Banken oder Versicherungen verkauft, bekommt für diese Arbeit in den allermeisten Fällen eine Provision.
Kundinnen und Kunden bekommen davon nichts mit – und freuen sich, denn die kompetente Beratung war anscheinend kostenlos. Eine klassische Win-win-Situation. Oder etwa doch nicht?
FALSCHE BERATUNG WEGEN PROVISIONEN? Verbraucherschützer sind der Meinung: doch nicht. So zum Beispiel Dorothea Mohn, Leiterin Finanzmarkt beim Verbraucherzentrale-Bundesverband (vzbv). Sie kritisiert, dass Beraterinnen und Berater im Provisionsvertrieb überteuerte und unpassende Produkte verkaufen können, die ihnen die meiste Provision einbringen. Zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher brauche es ein komplettes Provisionsverbot beim Verkauf von Finanzanlageprodukten, fordert Mohn.
PROVISION: RISIKO FÜR VERBRAUCHER? Für Mohn steht fest, dass Provisionen die Qualität der Vermittlung von Finanzprodukten negativ für Verbraucher beeinflussen können. „Verbraucherinnen und Verbraucher wünschen sich eine unabhängige Beratung, die ohne finanzielles Einzelinteresse der Berater auskommt“, so Mohns Beobachtung.
UNABHÄNGIGE FINANZBERATUNG: WAS KANN KLEINANLEGERN HELFEN? Laut Langenberg braucht der deutsche Markt mehr unabhängige Finanzberatung. Eine Honorarordnung, wie sie für Rechtsanwälte oder Steuerberater gilt, könnte die Bezahlung der Vermittlungsprovision regeln. Denn: „Es ist ja nicht so, als würden die Kunden heute nichts bezahlen. Sie merken es nur oft nicht, weil die Kosten in den Produkten stecken.“
PROVISION MACHT TRANSPARENZ FAST UNMÖGLICH Im Gegensatz dazu gebe es bei den Kosten im Provisionsvertrieb keine wirkliche Transparenz für Verbraucher, so Finanzexpertin Britta Langenberg. Für Laien ist es im Grunde nicht möglich, die Zusatzkosten von provisionsvertriebenen Verträgen für Geldanlagen zu ermitteln, die allein für diese Form des Vertriebs bezahlt werden. Aber: Die Provision wird mitbezahlt.
WIE LÄUFT DIE BERATUNG IN DER PRAXIS? EINE STICHPROBE Eine kleine Erbschaft – 70.000 Euro sollen investiert werden für die Altersvorsorge. Mit dieser ausgedachten Geschichte lässt sich ein Lockvogel beraten. Bei einer Bank, einem Finanzberater und einem Honorarberater. Die ersten Gespräche mit der Bank und dem Finanzberater unserer Stichprobe sind aber ernüchternd.
DREI FINANZBERATUNGEN, DREI VERSCHIEDENE INVESTMENTVORSCHLÄGE Das Bankhaus zum Beispiel verzichtet auf eine Analyse der Lebensumstände, empfiehlt stattdessen ein Anlageprodukt von der Stange. Und der Vorschlag des Finanzberaters ist in den Augen unseres Finanzexperten Hermann-Josef Tenhagen von Finanztip sehr teuer. Der Honorarberater hat als einziger eine Anlagestrategie empfohlen, mit der auch Tenhagen einverstanden ist: einer Mischung aus Aktien- und Anleihe-ETFs, also günstigen Investmentfonds. Unsere Stichprobe zeigt, wie unterschiedlich eine Beratung ausfallen kann. Habt Ihr Euch auch schon mal zu Finanzprodukten beraten lassen? Was habt Ihr für Erfahrungen gemacht? Schreibt es in die Kommentare!